Viele haben es inzwischen schon irgendwo gelesen oder gehört: Unsere Ernährung ist ein gewichtiger Faktor beim Thema Klimaschutz. Denn 14% unserer alltäglichen Treibhaus-Emissionen entstehen durch unsere Ernährung. Was wir essen, wie unser Essen hergestellt wird, woher es auf welche Weise kommt und wie viel von all dem am Ende in der Mülltonne landet –
Folgt man der 2012 erschienenen Studie „Klimawandel auf dem Teller“ des WWF dann könnten gut 9 Millionen Treibhausgas-Emissionen (das entspricht etwa 75 Milliarden PKW Kilometer) jährlich eingespart werden, würde jeder Bürger einmal pro Woche auf Fleisch verzichten. Jeder Bürger, einmal die Woche. Wieso das so einen großen Einfluss hat, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein paar Faktoren zum Thema Klima und Ernährung habe ich hier zusammengetragen. Das Thema ist jedoch so komplex, dass vieles hier nicht ins Detail analysiert und gegeneinander abgewogen werden kann. Klickt euch dafür bitte durch die verlinkten Seiten und Studien.
Alles was wir essen verursacht Treibhausgase. Denn wir müssen es anbauen, züchten, versorgen, ernten, verarbeiten und lagern, verpacken und transportieren.
Allerdings verursachen Lebensmittel unterschiedliche Mengen an Emissionen. Je nachdem zum Beispiel, wie aufwendig sie herzustellen sind oder wie viele Transportkilometer sie zurücklegen. Auch was sie während der Wachtums- und Zuchtzeit verbrauchen muss berücksichtigt werden.
Man unterscheidet zwischen „direkten“ Emissionen, also wieviel ein Lebensmittel während Anbau/Zucht/Transport verbraucht und „indirekten“ Emissionen, welche durch Umwandlung von Grün- zu Weideflächen oder Abholzung von Urwäldern entstehen, weil es eine Zunahme des Bedarfs landwirtschaftlicher Nutzfläche gibt.
Zu guter letzt entscheidet auch die Menge dessen, was wir essen, wie viel Treibhausgase jeder von uns täglich freisetzt. Während der Fleischverzehr in Deutschland durchschnittlich bei ca 60 kg pro Jahr und Kopf liegt, hat der Konsum anderer Proteinquellen wie Hülsenfrüchte im gleichen Zeitraum abgenommen, er lag 2014 bei 0,5 kg pro Jahr und Kopf. (Quelle: Studie „Fleisch frisst Land“ vom WWF 2014, zu finden hier). Und das verändert auch die Klimabilanz.
In der Studie „Klimawandel auf dem Teller“ des WWF von 2012 heißt es: „Nahezu 70 % der direkten Treibhausgasemissionen unserer Ernährung sind auf tierische Produkte zurückzuführen, auf pfanzliche Produkte dagegen nur knapp ein Drittel.“
Das ist so einfach nicht zu sagen. Schließlich stellt sich die Frage, ob die Tomate im Sommer vom Bauern ums Eck kommt oder per LKW aus Spanien oder im Winter aus einem Treibhaus. Ob das Rind in der Uckermark stand oder in Argentinien. Ob die Avocado per Schiff aus Mexiko oder per LKW aus Spanien zu uns gebracht wurde. Auch muss der Sättigungswert berücksichtigt werden. Wieviel muss ich jeweils essen um satt zu werden. Klar kann ich da ein Kilo Rind nicht mit einem Kilo Gurken vergleichen. Anhaltspunkte geben die jeweiligen Emissionen aber dennoch.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat unter Zu gut für die Tonne aufgelistet, dass bei der Herstellung von 1 kg Rindfleisch im konventionellen Anbau 13.000g CO2 entsteht, im Bio-Anbau 11.000g. Ein Kilo Käse verbraucht 8.510g CO2 während ein Kilo Brot 720g CO2 und 1Kg Tomaten 340g CO2 verbrauchen. Tierische Produkte haben also eine wesentlich höhere Bilanz als pflanzliche Produkte. Und selbst wenn man mehr pflanzliche Produkte essen muss um genau so satt und versorgt zu sein, wie durch weniger Menge Fleisch, kommt dennoch eine dermaßen hohe Bilanz nicht zustande. Außer vielleicht man würde sich ausschließlich von Überseeprodukten aus Raubbau ernähren. Bewusster Konsum ist also immer angebracht.
Für den Anbau und die Herstellung von Lebensmitteln, egal ob tierisch oder pflanzlich, wird Wasser verbraucht. Den meisten Leuten ist hier vermutlich vor allem hohe Wasserverbrauch von Avocados und der berüchtigten spanische Tomate im Kopf. Aber auch Fleisch verbraucht sehr viel Wasser. Auf water footprint network kann man sich sehr gut über den durchschnittlichen Wasserverbrauch der einzelnen Lebensmittel pro Kilo informieren. Gerechnet wird hier mit virtuellem Wasser, also das, was tatsächlich für die Herstellung verbraucht wird. Unterschieden wird das Wasser dann noch in grünes virtuelles Wasser (Niederschlag, Bodenfeuchte), blaues virtuelles Wasser (künstliche Bewässerung) und graues virtuelles Wasser (nicht mehr verwendbares, weil belastetes Wasser).
Ich habe ein paar Lebensmittel rausgegriffen, um den Verbrauch einmal zu verdeutlichen. Natürlich ist dies nur ein globaler Durchschnittsverbrauch. Wie immer kommt es auf weitere Faktoren wie Herkunftsland und Haltungs-/Anbaubedingunen an, um den wirklichen individuellen Verbrauch zu berechnen. Aber das Größenverhältnis ist schon recht deutlich.
Die Herstellung von Fleischprodukten verbraucht immens viel Wasser: Im globalen Durchschnitt werden für 1kg Rindfleisch 15.400 Liter benötigt. Damit liegt es an der Verbrauchsspitze. Für 1kg Schafsfleisch werden 10.400 Liter, für Schweinefleisch 6.000 Liter und für Hühnchenfleisch noch 4.300 Liter Wasser benötigt.
Auch tierische Produkte wie Käse, Eier oder Milch verbrauchen natürlich Wasser. Ein Kilo Käse verbraucht 3.178 Liter Wasser Ein großes Glas Milch (250ml) benötigt in der Heerstellung 255ml Wasser, was einem Verbrauch von 1.020 Litern pro Kilo entspricht. Und ein Ei benötigt durchschnittlich 196 Liter Wasser.
Wie sieht es jetzt mit nichttierischen Produkten aus? Da hat mich besonders die Tomate und die Avocado interessiert. Aber auch Soja, Sojamilch und Getreide finde ich spannend.
Fangen wir mit Getreide an. Um aus Weizen 1 Kilo Brot herzustellen, verbraucht man 1.608 Liter Wasser. Für 1 Kilo Nudeln ganze 1.849 Liter. Spitzenreiter ist aber Reis mit 2.497 Litern pro Kilo.
Auf der Water Footprint Webseite habe ich für Sojamilch und Sojaburger und deren tierischen Äquivalente (Kuhmilch und Rindfleischburger) eine englischsprachige Studie aus 2011 gefunden. Diese könnt ihr über die Suche nach „Soy“ finden. Vereinfacht lässt sich festhalten: 1 Liter (in Belgien hergestellte) Sojamilch benötigt 297 Liter Wasser (Kuhmilch: 1.050 Liter), 150g (in den Niederlanden hergestellter) Sojabuger benötigt 158 Liter Wasser (Rindfleischburger: 2.350 Liter)
Und das Gemüse? Ein Kilo Tomaten verbraucht 214 Liter, 1 Kilo Äpfel braucht 822 Liter und ein Kilo Bananen 790 Liter Wasser. Ein Kilo Avocado (ca 3 Sück) verbraucht fast 1000 Liter Wasser. Der Wasserverbrauch ist also im Vergleich zu anderem Gemüse sehr hoch. Problematisch ist das vor allem, weil seit Jahren die Avocado als „Superfood“ vermarktet wird und damit die Nachfrage in Europa und USA massiv anstieg. Die Produktion in wassarmen Gebieten wie in Mexiko oder Chile und die dort herrschenden rücksichtslosen Machenschaften von Konzernen und die Privatisierung von Wasser sind ein ernstzunehmendes Problem. Deshalb sollten Avocados nicht täglichen auf dem Speiseplan stehen, sondern wirklich selten gekauft werden. Um einer Abholzung von Regenwaldfläche (wie bei Soja oder Weidelandgewinnung, siehe unten) vorzubeugen, sollte außerdem zu europäischen und sowieso zu Bio-Avocados gegriffen werden.
Ein weiterer Aspekt ist der weltweite Flächenverbrauch durch Anbau oder Haltung unserer Lebensmittel. Wie und wo wird Getreide, Mais, Soja angebaut? Wo werden die großen Rinderherden gehalten und was macht das mit dem Grundwasser? Wird für unseren Hunger Wald zu Weideland, werden Urwälder abgeholzt?
In seiner Studie „Fleisch frisst Land“ aus dem Jahr 2014 errechnet der WWF den Flächenverbrauch für tierische Produkte:
Deutschland verfügt über ca. 17 Mio. Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Um der Nachfrage nach tierischen Produkten nachzukommen, müssen jedoch 5 Mio. Hektar Land außerhalb der EU genutzt werden. Was bedeutet: wir brauchen noch einmal gut 40% Fläche außerhalb unseres eigenen Landes. Und davon liegt gut die Hälfte in Südamerika.
Leider ist es so, dass tierische Lebensmittel für ihre Herstellung einen deutlich höheren Flächenbedarf als pfanzliche Lebensmittel beanspruchen. Ca. 1/3 der gesamten globalen Landfläche (ob Futteranbau, Haltung oder Weidefläche) wird für die Tierhaltung genutzt. Sie ist damit der größte Landnutzer weltweit.
Der weltweite Handel mit Soja wächst. Vor allem die USA, Brasilien und Argentinien sind hier Markführer. Und gerade in den südamerikanischen Ländern wird für den Anbau oft Urwald abgeholzt. Allein zwischen 2000 und 2010 wurden dort laut WWF 24 Mio Hektar Land zu Ackerflächen.
Über 80% der Sojaprodukte in der EU kommen aus Südamerika (v.a. Brasilien und Argentinien). Hier werden große Flächen für unseren Sojaverbrauch verwendet. Im Zeitraum der Studie waren es 13 Mio. ha. Land allein für den europäischen Bedarf. Deutschland importierte in diesem Zeitraum 6,4 Mio Tonnen Soja. Was passiert nun mit dem importierten Soja? Tatsächlich werden 80% des Sojaimports (4,6 Mio Tonnen) zu Tierfutter verarbeitet. Der Rest (1,8 Mio Tonnen) teilt sich auf in Speiseöl, Sojanahrungsmittel oder Bioenergie.
Man könnte meinen, das sei im Verhältnis vernachlässigbar. Aber dennoch sollten wir uns immer die Frage stellen: Woher kommt mein Essen? Also auch: Woher kommt das Soja in meiner Pflanzenmilch, meinem Bratling, meinem Sojaschnitzel oder -joghurt. Alternative Herkunftsgebiete von Soja für den Lebensmittelverbrauch gibt es.
Laut der ebenfalls vom WWF durchgeführten Studie „Das große Wegschmeißen“ aus 2015 landen durchschnittlich etwa 7,2 Tonnen Lebensmittel beim Endverbraucher in der Mülltonne, davon wären nach WWF 4,9 Tonnen vermeidbar.
Und was ist der Grund? Schlechte Einkaufsplanung. Falsche Lagerung. Falsch verstandenes MHD.
Der Irrglaube, das Mindesthaltbarkeisdatum (MHD) sei das Datum, an dem ein Produkt grundsätzlich abläuft, ist leider immer noch weit verbreitet. So schreibt das Bayrische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, dass in Bayern jede dritte, bundesweit jede zweite Verpackung weggeworfen wird, sobald das MHD überschritten wurde.
Dabei ist das Datum kein Hinweis, bis wann das Produkt zu verbrauchen ist, sondern lediglich eine Garantie, dass es bis zu diesem Zeitpunkt bei sachgerechter Lagerung so ist, wie angegeben. Viele Dinge, vor allem trockene Waren, halten sich aber weitaus länger als zum angegebenen MHD. Ich denke da immer schmunzelnd an das 1000jährige Himalaja Salz, dass im Supermarkt plötzlich nur noch 2 Jahre haltbar ist.
Indirekt sorgt auch die Erwartungshaltung des Kunden im Supermarkt für vermehrte Entsorgung guter Lebensmittel. Da wir auch am 24.12. oder jeden beliebigen Samstag um 19:30 noch die Auswahl möchten, dürfen Regale nicht einfach leer sein. Im Gegenteil, sie sind übervoll und versprechen ungebrochenen Konsum bis Ladenschluss. Den Satz: „Ist heute leider aus.“ hört man leider selten.
Auch die Frage der Herkunft unseres Essens ist heute wichtiger denn je. Wir importieren so viele Lebensmittel, wie vermutlich noch nie zuvor. Auch Dinge, die eigentlich bei uns heimisch sind. Erdbeeren aus afrikanischen Ländern zu Weihnachten, Zwiebeln aus Israel, Äpfel aus Neuseeland. Übrigens schützt auch der Kauf von Bioprodukten vor entfernten Herkunftsländern nicht. Gerne liegen Bio Kartoffeln aus Übersee neben regionalen konventionell angebauten Kartoffeln. Man muss also die Augen aufhalten und das Hirn anschalten. Besonders wichtig ist das regionale Einkaufen für Produkte, die wir täglich konsumieren. Was wir täglich Essen sollte möglichst aus unserer Gegend stammen. Alles, was wir von weit weg importieren müssen, weil es einfach bei uns nicht wächst, sollte möglichst fair und bio eingekauft und in Maßen genossen werden.
Es entspricht dem natürlichen Jahreslauf, dass bestimmte Sorten nicht rund ums Jahr erhältlich sind. Hilfreich sind dazu Saisonkalender oder Apps (zB GrünZeit der Verbraucherzentrale), aus denen hervorgeht, was wann bei uns wächst, ob es aus Freilandanbau, Lagerung oder Gewächshauszucht stammt und wie die Klimabilanz zur jeweiligen Zeit ist.
Denn je nach Transportweg kommt einiges an Treibhausgasen zusammen: ein Transport per Flugzeug verursacht pro Tonne Lebensmittel und Kilometer bis zu 90x mehr Treibhausgase als der Hochseeschiff-Transport und rund 15x mehr als Transporte per LKW. (Quelle: Verbraucherzentrale) Leider ist in Deutschland bis heute nicht ersichtlich, ob die Lebensmittel geflogen oder per Schiff bzw LKW transportiert wurden. Hier müssen politische Vorderungen von uns Konsumenten gestellt werden.
Das waren jetzt viele Informationen. Die müssen vielleicht erst einmal sacken. Aber es gibt ein paar einfache Lösungsansätze. Der erste: Nachdenken. Selber recherchieren. Meine Quellen anschauen und vielleicht eigene finden. Ich denke, ich habe einige fundierte Studien und Statements rausgesucht, aber ich bin keine Expertin und kann mich wie alle nur auf gut recherchierte Fakten verlassen.
Ich habe hier einige Ansätze aufgelistet, die keine Reihenfolge oder Vollständigkeit darstellen. Lediglich der erste Punkt ist meiner Meinung nach der unumgänglichste:
Während im Durchschnitt jeder Deutsche ca. 60 Kilo Fleisch (der Fleischverbrauch liegt sogar bei 87 kg) pro Jahr verzehrt, lautet die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung nicht mehr als 300-600g pro Woche Fleisch zu essen, was eine Jahresmenge von maximal 31,2 kg pro Kopf entspräche.
Würden wir uns alle an die von der DGE herausgegebenen Empfehlungen halten, würden laut WWF 1,8 Millionen Hektar Fläche weniger benötigt. 700.000 Hektar würden allein in Südamerika frei. Außerdem könnten wir insgesamt 27 Millionen Tonnen an Treibhausgasen eingesparen.
Es muss also nicht jede/r sofort zum Veganer werden, um eine positive Auswirkung auf unser Klima zu haben. Weniger Fleisch essen ist bereits der erste große Schritt.
Fallen euch noch mehr Ansätze ein? Oder habt ihr euch mit dem Thema schon intensiv befasst? Schreibt mir doch dazu, ich freue mich auf Austausch.