#allesGeschichte | Als sich die Kirchenoberhäupte gegenseitig exkommunizierten
Der Norden ist Sturm und Sturmflut gewohnt. Seit Jahrhunderten versuchen sich die Menschen an den Küsten mit Deichen vor dem Wasser zu schüzen. Doch 1362 verändert eine Sturmflut immensen Ausmaßes alles. Über mehrere Tage tobt der Sturm und erreicht am 16. Januar seinen Höhepunkt. Die Grote Mandränke (das große Ertrinken) wird die Küste Nordfrieslands für immer verändern.
Es heißt, die Wellen schlugen meterhoch über die Deiche. Damals nur um die 2,5 Meter hoch, halten sie nicht stand und brechen. Die Folge ist die Versalzung von fruchtbarem Land und ungefähr 10.000 Opfer. Der Blanke Hans verschlingt Mensch, Tier und Land. Dort, wo zwischen Pellworm und Nordstrand bisher Land war, befindet sich von nun an die Nordsee. Die Küstenlinie ist für immer verändert.
Glück im Unglück
Man weiß nicht viel über Husum vor dem 14. Jahrhundert. Aber eines ist sicher: Vor 1362 liegt es mitten im Landesinneren. Bis die Grote Mandränke kommt. Erstmals gesichert namentlich erwähnt wird Husum 1409. Da liegt es schon am Meer. Der Ort hat also Glück im Unglück, bekommt einen Hafen und hundert Jahre nach der Katastrophe Marktrecht. Nicht so viel Glück haben Orte wie Rungholt. Diese Siedlung wird wie andere vom Meer verschluckt und erlangt mytische Berühmtheit.
Ein einziger Schrei – die Stadt ist versunken, und Hunderttausende sind ertrunken.
Wo gestern noch Lärm und lustiger Tisch, schwamm andern Tags der stumme Fisch.
(Detlev von Liliencron: Trutz, Blanke Hans)
Rungholt, das Atlantis der Nordsee
Wie schon bei Atlantis erzählt man sich über Rungholt, Schuld am Untergang sei der Hochmut bzw. die Gotteslästerung der ortsansässigen Bauern. Die hätten, so Pastor Anton Heimreich in seiner Nordfriesischen Chronik von 1666, eine Sau betrunken gemacht, ins Bett gelegt und den Priester zum letzten Abendmahl für einen Kranken (eben die Sau) gerufen. Der kam, weigerte sich, es kommt zum Hostienfrevel und Gott bestraft die Bauern und ganz Rungholt mit. Es folgt der Untergang des Ortes. Natürlich waren die Rungholter den Geschichten nach nicht nur überheblich, sondern auch sehr reich. Theodor Storm greift diese Sage in Eine Halligfahrt auf: „Auf allen Meeren“, so Storm, „schwammen die Schiffe von Rungholt und trugen die Schätze aller Weltteile in die Heimat“. Das man alle sieben Jahre die Glocken der Kirche läuten hören kann, rundet die Geschichte um Rungholt ab.
Im Gegensatz zur sagenumwogenen Insel Atlantis existierte Rungholt aber tatsächlich. Forscher nehmen an, dass Rungholt ein wichtiger Handelsplatz war. Konnte man die Existenz lange nicht beweisen, findet man im 20. Jahrhundert endlich Reste einer Schleuse und Siedlungshügel. Etwa 10000 Einwohner stark könnte der Ort gewesen sein, für das 14. Jahrhundert eine große Siedlung. Außerdem geht man von Salz-Handel bis ins Rheinland und nach Flandern aus. Der Ort war also zumindest kein armes Fischerdorf.
Alles andere darf man aber getrost der Welt der Sagen und Geschichten zuordnen.