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3. März 2023#allesGeschichte | Als sich die Kirchenoberhäupte gegenseitig exkommunizierten

Ok, ich habe eigentlich keine Zeit. Die Bachelorarbeit und so. Aber diese Geschichte finde ich so witzig wie spannend, ich muss sie euch erzählen. Und so schenke ich euch an meinem Geburtstag dieses Schmankerl aus der Vergangenheit. Hipp hipp hooray. Eines sei gesagt, das Ganze ist natürlich viel komplexer und auch nicht so einfach wie gedacht. Worum geht es? Um nichts geringeres als das „Morgenländische Schisma“ von 1054.
Beef zwischen Ost- und Westkirche
Streit zwischen den Byzantinern und Lateinern gab’s quasi seit schon immer. Allein die „filioque“-Frage (kurz gesagt: Kommt der Heilige Geist aus dem Vater oder auch aus dem Sohn?) trieb sie seit dem 6. Jahrhundert auseinander. Es gab im Laufe der Zeit daher eben einen Papst (oder später mehrere *hust*) für die Westkirche und einen Patriarch für die Ostkirche. Beide waren das Oberhaupt der Kirche. Der Kirche. Nicht einer. Denn es gab nur diese Eine. Zwei Cheffes – das kan schwer gut gehen. Kann man sich vorstellen, dass es da Gerangel um Platz Nummer 1 gab. Hinzu kam – wie könnte es anders sein – noch die politische Komponente mit der Frage: Wer ist quasi Erbe des römischen Reiches? Soviel in aller kürze dazu.
Ein Kardinal strapaziert die Nerven
Jetzt ist die Lage also schon angespannt und man mag sich – zumindest theologisch – nicht so sehr. Da passt es prima, dass Kardinal Humbert in Konstantinopel zu Besuch ist und meint, mal so richtig Stress machen zu müssen. Ein bisschen aufmischen die Leute. Für Stimmung sorgen. Erst einmal überreicht er dem Patriachen einen – vermutlich von ihm selbst verfassten – Brief „vom Papst“. inhalt: Du bist nicht der Oberste, ich (der Papst) bin das, du Wicht. Dann legt er sich auch noch mit Vertretern der östlichen Kirche an. Er beschimpft einen Mönch als „dumm wie einen Esel“, der besser im Bordell statt im Kloster aufgehoben wäre. Sypmathieträger der ersten Minute. Und wie gut, dass das bis heute überliefert ist zu unser aller Freude.
Einmal Exkommunikation für alle bitte
Es kommt dann, wie es kommen muss: Das ganze spitzt sich so zu, dass Humbert im Namen des Papstes in die Hagia Sophia geht während eines Gottesdienstes und dort eine päpstliche Bulle auf den Altar legt. Ok, in meinem Kopf knallt er sie theatralisch drauf, nachdem er mit rauschendem Gewand durch den Gottesdienst stolziert ist.
Inhalt: Der Patriarch ist exkommuniziert. Also ausgeschlossen aus der christlichen Gemeinschaft. Dann darfst du nix mehr. An keinem Sakrament oder Gottesdienst teilnehmen. Das ist im 11. Jahrhundert natürlich ein viel schlimmeres Ding, als wir heute denken. Denn ohne Zugehörigkeit kein Seelenheil. Relgion ist damals quasi das ganze Leben. Wenn du da rausgeschmissen wirst … kein Spaß. Das will man schlicht nicht; ihr kennt vielleicht den „Gang nach Canossa“.
Der Patriarch selbst regaiert natürlich. Aber nicht mit Demut, sondern wie es sich für jemanden gehört, dem ans Bein gepi*** wurde: Knapp eine Woche später gibt’s die Retourkutsche. Er beruft eine Synode ein und exkommuniziert seinerseits alle Urheber der Bulle. Bäm. In your face! Wie du mir, so ich dir. Stelle mir das sehr lustig vor. Alle exkommuniziert. Alle aufgeregt. Was für ein Kindergarten.
Die Realität ist immer ein bisschen weniger lustig
Die Geschichte der gegenseitigen Exkommunikation, wie sie gerne erzählt wird, ist natürlich nicht ganz so korrekt und wie ich sagte, wesentlich komplexer. Fast schon schade. Die Geschichte ist nämlich so ganz lustig. Aber es ist nicht eindeutlig klar, ob Humbert, in seiner Interpretation eines angenehmen Gastes, nicht auch die Bulle selbst geschrieben hat. Wir erinnern uns: Sachen schreiben im Namen vom Papst ohne das der das weiß, kann Humbert. Kernkompetenz.
Warum wusste der Papst zumindest von der Bulle nix? Der war einfach schon tot. Und das nicht erst seit grad eben. Und das wusste man auch in Konstantinopel. Weswegen die Bulle auch eher nicht gültig war. Schließlich kann man als Toter niemanden exkommunizieren, auch nicht als Papst. Naja und deshalb war die Retourkutsche auch genaugenommen gegen unseren freundlichen Kardinal und nicht gegen den toten Papst gerichtet. Unser Kumpel Humbert hat davon aber auch nix mehr mitbekommen, er war bereits abgereist.
Dieser Humbert ey. Anreisen, Stress machen, mal eben die Leute exkommunizieren und dann einfach gelassen wieder abreisen. So viel Selbstbewusstsein muss man mal haben. Oder lieber nicht.
Konsequenzen – ausser einer famosen Geschichte – hatte das Ereignis 1054 nicht. Man arrangierte sich weiterhin mehr oder weniger miteinander. Manchmal eher weniger. Manchmal mehr. Und erst mit dem Abendländischen Schisma von 1204 und der Plünderung Konstantinopels durch Kreuzfahrerheere kam es dann ernsthaft zur Kirchenspaltung. Ganz ohne einen durchgeknallten Kardinal und seine Bulle. Dafrü mit viel Leid und Verachtung.
