Mit dem Rad von München nach Flensburg (4). Quer durch Schleswig-Holstein
Interrail. Mit dem Zug nach England
Wir waren schon wieder unterwegs. 2023 war definitiv ein Reisejahr. Erst meine Radtour durch Deutschland, dann England und jetzt Bayrischer Wald. Unsere die drei Nächte im Bayrischen Wald waren aber weniger Reise- und mehr Campererfahrung. Denn wir haben uns einen VW ID.Buzz mit Camperbox von den Camper Boys geliehen und das Abenteuer Campen mit E-Bus gewagt.
Für uns echtes Neuland. Wir sind nämlich überhaupt keine Camper, haben null Ahnung von allem und hatten bisher auch kaum bis keine Erfahrung mit einem E-Auto, geschweige denn E-Bus. Und dann gleich alles auf einmal …. Aber von Anfang an.
Eine Messehalle voller Camper und der E-Bus von VW
Irgendwann im Frühjahr waren wir auf der Freizeitmesse free. in München. Eigentlich hofften wir nachhaltiges Reisen und Radreisen zu entdecken. Das war leider sehr enttäuschend und so haben wir dann mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination die ganzen neuen Caravans und Mega-Luxus-Wohnmobile angeschaut.
Am Ende der Halle gab es dann auch Stände von Anbietern, die Camper verleihen. Eigentlich das Übliche. Große Dieselschlitten mit pipapo. Aber bei den Camper Boys haben wir einen E-Bus mit Camperbox entdeckt. Das war neu. Und in meinen Augen cool. Ich bin zwar nicht so Campervan begeistert, wie gerade halb U40-Deutschland, aber dass es ein Angebot mit E-Bus gibt, das fand ich mega.
Spontan haben wir vor Ort beschlossen uns das genauer anzusehen und zu testen. Also haben wir uns den Bus für ein paar Tage im September ausgeliehen. Ab 79€ kann man den ID.Buzz mieten, kommt halt auf die Saison an. Im Sommer kann man locker bis zu 139€/Tag hinlegen müssen. Günstig ist anders. Und ein vergleichbarer VW California Diesel aus dem Fuhrpark kostet zwischen 65€ und 125€/Tag.
Unsere zwei Kernfragen waren: Können zwei Leute mit 1,93m und 2,12m darin schlafen? Und funktioniert das mit Elektrobus und Campen gut?
Wir hatten ja weder von Campen noch von Elektroautos eine Ahnung. Und obwohl die Liegefläche mit ihrer 1,95m Länge defitiniv zu kurz war, wollten wir das einmal ausprobieren. Wie klappt das Laden? Fährt sich so ein bepackter Bus gut? Wie schläft es sich im Bus und wie ist Campen im (Pseydo)Camper überhaupt? Wir sind ja absolute Anfänger.
Der ID.Buzz in der Camperversion von Camper Boys
Man muss erstmal wissen, dass der ID.Buzz ein ganz normaler Elektrobus von VW ist. Camping wird erst mittels der QUQUQ-Campingbox möglich. Sie nimmt den gesamten Kofferraum ein und bietet neben einer Matratze auch zwei Kochstellen, Wassertank, Platz für Geschirr und Kühlbox. Um das Bett zu machen, muss man die Vordersitze nach vorne schieben und die Rücksitze umklappen um dann das Gestell darüber zu klappen. Der Bettaufbau ist aber wirklich einfach und verständlich.
Drei kleine Mankos hat dieses kompakte System aber:
- Durch die Auflage auf den Rücksitzen ist das Bett sehr hoch und zur Decke wenig Platz. Sitzen? Vergiss es. Reinkriechen war bei uns an der Tagesordnung. Gut, dass wir halbwegs gelenkig sind. Aber mit Ü40 und fast 50 und viel zu viel Beinlänge haben wir schon ab und an geächzt.
- Mit einer Liegefläche von 1,95 Länge war es für uns definitiv zu kurz. Das wussten wir aber vorher und tatsächlich war das gar nicht so schlimm. Für mich ging es gerade so, mein Mann hat im Zweifel die Füße zwischen die Vordersitze geschoben. Als Seitenschläfer liegen wir eh selten in voller Länge.
- Es gibt keinen Platz für das Gepäck. Der Kofferraum ist ja mit der Box ausgefüllt, immerhin passen da ein paar Lebensmittel rein. Für das restliche Gepäck bleiben die Rücksitze. Allerdings muss man seine Taschen auf die Vordersitze umräumen, wenn man das Bett macht. Man sollte also sehr kompakt packen. Mehr als 2 Personen können also gar nicht mitfahren.
ID.Buzz – Laden statt tanken
Ein anderes Ding war die Frage nach dem Laden. Wie oft müssen wir laden, wie lange dauert das? Und finden wir eine Ladestation, wenn wir sie brauchen. Tatsächlich ist es im Bayrischen Wald mancherorts unmöglich zu laden. Es gibt einfach keine Ladesäulen. Und wenn, dann haben sie oft gerade einmal 22kW. Da dauert es ganz schön lang, bis das Auto mal bei 80% angekommen ist. Aber es dank digitaler Ladestationsuche und frühzeitigem aufladen (man ist ja da doch unentspannt, wenn man das erste mal E-Auto fährt) fanden wir auch Säulen mit 150kw. Da war das Auto binnen 20 Min voll. Ich finde, da kann man nicht meckern.
Wir wissen ja alle, dass der Ausbau mit Ladesäulen noch etwas zurückhaltend ist, aber ich denke, die Zukunft wird da schon was bereit halten. Und hoffentlich muss man dann nicht vorab erst noch ewig suchen, wo eine Ladesäule ist. Denn auch nicht jede Autobahnrastestätte hat Ladestationen. Im Großen und Ganzen war das Laden aber extrem einfach. Von den Camper Boys haben wir beim Ausleihen eine ID Charge Ladekarte bekommen, die überall funktioniert hat. Die Abrechnung erfolgte dann am Ende über einen Fixpreis von 15ct/km, egal welchen Anbieter man beim Laden gewählt hat.
Der Bus selbst fährt richtig flott. Ohne Schmarrn. Wir hatten vor Jahren ja mal einen VW Caddy und der war bei weitem nicht so flott unterwegs. Der Wendekreis war in Ordnung und die Technik an sich im Auto auf dem aktuellsten Stand. Fahrgefühl 10 von 10 Punkten. Auch der Verbrauch was soweit ok, er lag im Schnitt bei 20kWh auf 100km und damit im Bereich der angesetzten 22kWh.
Drei Nächte und ein paar Erfahrungen reicher
Drei Nächte haben wir auf einem Campingplatz geschlafen. Zwei Mal haben wir alles wieder zusammengebaut und haben und Orte im Bayrischen Wald besucht. Und an und für sich waren es ein paar schöne Tage. Trotzdem bin ich nicht wirklich überzeugt von dem Konzept ID.Buzz + Camperbox.
Die ID.Buzz Version mit Camperbox ist prinzipiell eine gute Idee. Kleine und junge Leute haben da sicher null Probleme. Ältere und größere Leute vielleicht schon. Man muss sich ganz schön verbiegen. Und man muss das Bett zusammenbauen um mit dem Auto zu fahren, da man die Frontsitze nach vorne schieben muss um da Bett aufzubauen. Heißt für jeden Ausflug ein erneuter Ab- und Aufbau. Regnen sollte es auch nicht, da man kein Vordach hat bzw in der Ausleihe nur ein Sonnensegel aus Stoff dabei war. Bei Regen müsste man also entweder auf der Rücksitzbank hocken oder im Bett liegen. Hm. Gut, könnte (sollte?) man sicher aufrüsten, wenn man will.
Das fehlende Platzangebot war aber gar nicht unser größtes No Go.
Richtig ätzend war die ganze Auto-Licht-Technik. Die ist einfach nicht fürs Campen gemacht. Schließt man im Dunkeln das Auto ab und wieder auf, geht erstmal der Scheinwerfer an. Auch dann, wenn die Türen noch offen sind. Mach das mal auf einem dunklen Campingplatz im Wald und du hast richtig schnell Freunde. Nicht. Außerdem geht beim Türen öffnen im Innenraum alles an Licht an, was der Bus zu bieten hat. Neben Navibildschirm und Armaturenbrett sind das auch sechs LED im Dach. Wer also nachts Pieseln muss, weckt den anderen mit Vollbeleuchtung. Danke auch.
Auch gibt es keine Schiebefenster hinten. Das heißt um nachs Luft hinein zu lassen muss man das Seitenfenster vorne aufmachen. Das geht nur, wenn der Bus eingeschaltet ist, ergo kann man es auch Nachts nicht schließen ohne Scheinwerferparty, sollte es einem zu kalt werden. Man merkt hier einfach, dass der ID.Buzz zum fahren nicht zum campen konzipiert wurde. Da hilft auch eine Camperbox nur bedingt.
Wir fanden die vier Tage im Bayrischen Wald trotzdem schön. Wir haben viel gelernt, vom Aufladen über morgens am Auto Kaffee kochen und dem Konzept Camperboxe bis hin zu den Herausfoderungen der modernsten Technik (warum leuchtet das jetzt? Was hab ich jetzt gedrückt?). Das Campen hat uns richtig gut gefallen und wir würden es sicher nochmal machen. Aber wohl eher nicht mit diesem Camper.
Laut Internet soll es ab 2025 eine ID.Buzz Camper Version geben, also einen richtigen Camper ohne Camperbox. Ich habe aber auch gehört, VW hätte die Weiterentwicklung eingestellt. Allerdings finde ich dazu nichts im Netz. Ich hoffe einfach, dass sich auch auf dem Campervan Markt – egal ob VW oder andere – etwas tut in Sachen Elektromobilität. Denn dieser Campervan Lifestyle mit Diesel ist irgendwie doch arg wenig nachhaltig. Bleiben wir gespannt.