Mit dem Rad von München nach Flensburg (3). Entlang der Weser bis zur Nordsee
Campen mit dem VW ID.Buzz. Elektrisch unterwegs im Bayrischen Wald
Nachdem ich das erste Gefühl von „jetzt ist aber auch mal gut“ überwunden hatte und vor allem einige Stunden am Meer in Cuxhaven genießen konnte ging es weiter, immer an der Küste entlang. Der ursprüngliche Plan war, der Nordseeküsten Route bis Sankt Peter Ording zu folgen und dann quer durch Schleswig-Holstein zu radeln und am Ende von Schleswig nach Flensburg über einen Teil des Ostseeradweges zu fahren. Diesen Plan habe ich allerdings in Cuxhaven verworfen.
Pläne machen und verwerfen
Pläne, die man daheim macht, können sich unterwegs oft noch mal ändern. Diese Erfahrung habe ich vor allem auf dem letzten Abschnitt meiner Radreise machen dürfen. Es stellte sich heraus, dass eine kurzfristig buchbare und bezahlbare Unterkunft in Sankt Peter Ording ein Ding der Unmöglichkeit ist und ich somit dort nicht übernachten können würde. Da hätte ich auch früher drauf kommen können, aber nun. Es war auch klar, dass ich nicht mehr so fit bin, wie noch in den ersten 14 Tagen und ich somit noch einen weiteren Pausentag einlegen wollte.
Ursprünglich hatte ich tatsächlich keinen einzigen Pausentag eingelegt. Den Tag in Bremen habe ich mir quasi auf dem Weg erradelt. In Büsum, so der neue Plan sollte es einen zweiten Pausentag geben. Dafür verwarf ich die Idee von Schleswig aus noch einmal um den Pudding an der Ostsee entlang zu fahren komplett und plante eine direkte Route nach Flensburg. Ich hatte schlicht keine Motivation mehr und das Wetter war auch seit Tagen eher mäh.
Meer sehen, Wind spüren
Aber bevor ich vom Ende erzähle, nochmal zurück nach Cuxhaven. Entgegen meiner Annahme war dies ein echt schönes Städtchen am Meer und ich freute mich auf eine längere Zeit auf der Nordseeküsten Route. Diese führte mich aber erst einmal nur bis Wischhafen, wo ich nach Glückstadt übersetzte. Der regulären Route über Hamburg wollte ich nun wirklich nicht folgen. Glückstadt fand ich ganz nett, aber bei weitem nicht herausragend – die Überfahrt aber sehr fein. Das schönste an diesem Tag war das an den stehenden Autos vorbei und direkt auf die Fähre radeln ohne Wartezeit. Ja, ja man kann sich auch an so Zeug erfreuen wie nicht in der Warteschlange stehen zu müssen. Am folgenden Tag fuhr ich dann über Brunsbüttel nach Büsum.
Dies war ernsthaft die härteste Etappe meiner Radreise. Der Wind kam erstmals von Norden und kräftig noch dazu. Zudem war die Strecke einfach nur sehr … puh wie sag ich es … öde. Anfangs fand ich das zwischen Deich und Wasser schnurgerade durch Schafsherden fahren noch toll. Aber nach einigen Kilometern ging es mir schon etwas auf die Nerven. Kein Ende in Sicht und nur Wind, Schafe, Schafskacke und Wiese … und man sieht auch noch, dass es ewig nicht endet.
In Büsum angekommen war ich mehr als dankbar, hier einen Pausentag einlegen zu können. Dass der Wind am Folgetag noch kräftiger wehte, bestätigte mich in meiner Entscheidung noch. Also genoss ich die Zeit im touristischen Nordseestädtchen, aß mich durch die paar veganen Optionen, steckte meine Füße in Sand, Watt und Wasser und ruhte mich aus.
Echtes Nordsee-Feeling per Zug
Der Tag nach dem Pausentag war dann gleich mal die kürzeste Etappe meiner Radreise. Keine 30 km war sie lang und führte mich von Büsum nach Tönning. Einfach, weil die Jugendherberge unschlagbar günstig war. Und weil ich schon vormittags dort war, fuhr ich spontan noch mit dem Zug nach Sankt Peter Ording. Wenn schon nicht dort schlafen, dann wenigstens dort die Füße in den Sand stecken. Ich hätte auch auf dem Weg nach Tönning dort hinradeln können. Aber aufgrund von unstehter Wetterlage und der ungeklärten Frage „wohin mit Gepäck und Rad“ hatte ich kein Interesse diesen Schlenker zu machen.
Sankt Peter Ording war auch so schön, ich konnte „richtig“ Nordsee und Dünen und Strand in Perfektion erleben. Mit dem Zug ist es von Tönning eine Strecke von 45 Minuten und dank 49 € Ticket auch einfach machbar. Einziger Nachteil: Überall an der Küste muss man eine Gästekarte kaufen um auf dem Deich und am Strand sein zu dürfen. Und die aus Tönning gilt natürlich nicht für Sankt Peter Ording. Klar.
Der schlechteste Radweg aller Zeiten
Dann war es Zeit, die Nordseeküsten Route und damit auch die Nordsee endgültig zu verlassen. Friedrichstadt, das kleine Amsterdam in Schleswig-Holstein war meine nächste Station. Inzwischen hatte ich wieder Motivation und keine Lust, erneut nach unter 30 km super früh schon dort zu sein. Also beschloss ich, einen Umweg über Husum zu machen. Eigentlich hatte ich Husum aus meiner Planung ausgespart, weil ich dort schon im Herbst 2021 war. Aber so konnte ich die Stadt auch einmal im Sommer erleben.
Von Husum ging es dann nach Friedrichstadt. Ich wollte den Ort unbeding sehen und dachte, wenn es so schön ist, wie im Netz behauptet, muss ich dort übernachten. Nur um vor Ort festzustellen, dass ein Kurzbesuch bei der Durchfahrt durchaus gereicht hätte. Nach 2-3 Stunden hat man alles gesehen und gemacht. Aber sowas weiß man ja erst hinterher und so endete ich in diesem Örtchen und verbrachte dort die teuerste Hotelnacht der ganzen Reise. Hinterher ist man halt immer schlauer. Vorher klang alles so spannend.
Zwischen Friedrichstadt und Schleswig, meinem Ziel um Haithabu zu sehen, durfte ich dann auf dem schlechtesten Radweg aller Zeiten radeln. Der Wikinger-Friesen-Radweg ist in Teilen so schlecht, dass man weder langsam noch schnell gut fahren kann. Die Landschaft anschauen kann man gleich vergessen, der Fokus liegt auf dem Weg. Risse, verrutschte Platten, Heckenwuchs, Wurzelaufbrüche … you name it. Natürlich ist der Weg nicht überall schlecht und zumindest der Abschnitt am Danewerk ist a) ganz gut und b) macht eben das Danewerk vieles wett … aber ich war nicht traurig, als ich endlich in Busdorf/Haithabu ankam.
Die letzten Kilometer
Glücklich und zufrieden steuerte ich nach dem Museumsbesuch Schleswig an der Schlei an und verbrachte dort ein paar schöne Stunden. Diese Stadt lohnt wirklich. Ich fand sie einfach super schön und sehr chillig. Die letzte Etappe führte mich dann direkt von Schleswig auf dem Ochsenweg nach Flensburg. Und wer glaubt, an der Ostsee sei Schleswig-Holstein flach, der irrt aber ordentlich. Ich hatte einige Steigungen zu erradeln, wobei sie nicht sonderlich schwer waren. Dazu kamen Felder, Wälder und generell eine Landschaft, die nicht ganz so anders war wie zu Hause. Es war, als schlösse sich ein Kreis.
Tatsächlich habe ich die Fahrt auf dem Ochsenweg, trotz teilweise wilder Wegführung, sehr genossen. Eine letzte Tour, eine letzte Etappe meiner Radreise. Die Ankunft in Flensburg vor Augen und das Wissen um die baldige Heimreise. Das machte schon auch noch mal etwas mit mir.
Radwege
- Nordseeküsten Route
- Wikinger-Friesen-Weg
- Ochsenweg
Radreise – Etappen
- Glückstadt (50,9 km)
- Büsum (88,8 km)
- Tönning (29,4 km)
- Friedrichstadt über Husum (43,6 km)
- Schleswig (56,7 km)
- Flensburg (42,4 km)
Weitere Teile meiner Radreise
Mit dem Rad von München nach Flensburg. Teil 1: Planung und Vorbereitung
Mit dem Rad von München nach Flensburg. Teil 2: Rauf und runter bis zur Weser
Mit dem Rad von München nach Flensburg. Teil 3: Entlang der Weser bis zur Nordsee
Die gesamte Radreise zum anschauen, nachvollziehen oder gar selber fahren findet ihr auf Komoot als Kollektion gespeichert und für alle sichtbar.
Das Ende und ein Fazit
Nach 1616 km in 22 Etappen kam ich nach 24 Tagen in Flensburg an. Ich habe 7 Bundesländer durchradelt und saß in Summe über 88 Stunden auf dem Rad. Zwischen 29 und 118 km pro Etappe war alles dabei. Ich habe gelernt, dass mein Akku nach 14 Tagen ziemlich leer ist, dass eine gute Radlerhose die oberste Priorität hat und dass nicht jeder Ort, der im Internet beworben wird, wirklich interessant ist. Am Ende war ich sehr stolz, sehr glücklich und hatte für mich die Reise auch gut abgeschlossen. Ich freute mich auf zu Hause und darauf, ersteinmal nicht mehr Radfahren zu müssen. Zufrieden stieg ich also in den IC nach Hamburg und dort in den ICE nach München um abends wieder glücklich daheim zu sein.
Ich habe etwas getan, was ich noch nie zuvor getan habe. Habe mich getraut und bin aus meiner Komfortzone herausgetreten. Ich habe viele wunderschöne Momente erlebt, die Schönheit unterwegs genossen und mich sehr wenig über Radwege aufgeregt. Es war problemlos möglich, mich mit Komoot und Radweg-Schildern zu orientieren. Letztere waren vor allem auf den größeren Radwegen richtig gut. In Summe sind die Radwege ok bis gut. Die Infrastruktur in Sachen sicheres Unterstellen von Rad und Gepäck in Orten, die man sich anschauen möchte, sowie Reparaturstationen lässt nach wie vor zu wünschen übrig. Zum Glück hatte ich keine Panne und keinen Unfall. Ich musste einmal meine Hinterbremsen austauschen lassen, weil die Gummis abgefahren waren. Ansonsten war alles Störungsfrei.
Für mich war das bestimmt nicht die letzte längere Radreise, allerdings würde ich wohl bei 14 Tagen einen Strich ziehen. Und ich spiele mit dem Gedanken, doch aufs Zelten umzusteigen, der Kosten wegen. Ob das am Ende so kommt, werden wir sehen. Schauen wir mal, wohin ich das nächste mal radeln möchte.