Fotografie im Herbst. Von grau-braun bis knall bunt
Südtirol. Familienurlaub ohne Auto im Pustertal
Nach Husum im November? Wer macht denn sowas? Doch wer sagt, dass man die Nordsee besser nicht im November besucht? Dass da alles nass, grau und kalt ist? Naja, kalt stimmt. Im Meer baden, am Strand liegen – das ist alles nicht drin. Aber kleine Städchen besuchen, Tee trinken, den Kopf in den Wind stecken und sich ordentlich durchpusten lassen, das geht alles ganz prima im November. Und grau in grau ist maximal der Himmel. Ich habe es jedenfalls gewagt und bin mit meiner Mutter übers Wochenende nach Husum gereist. Mit ordentlich Kleidung und Vorfreude. Denn Norddeutschland ist schon sehr schön, egal bei welchem Wetter.
Mit der Bahn von München nach Husum – alles ganz easy!
Es gibt zwei Gründe, warum ich uns Husum als Ziel ausgesucht habe. Zum Einen ist es ein schönes Örtchen, in dem man auch bei Regen und Sturm – und davon hatten wir reichlich – Zeit verbringen kann. Zum Anderen ist die Anreise sehr bequem. Um von München zur Nordsee zu kommen muss man schließlich fast die ganze Republik durchqueren. Da sind relativ direkte Verbindungen Gold wert. Husum ist von Hamburg in zwei Stunden erreichbar. Und München – Hamburg bietet eine großartige Verbindung.
Und so fuhren wir Freitags um 7 Uhr früh mit dem ICE mit Umstieg in Nürnberg nach Hamburg und von dort weiter mit dem IC nach Husum, um bereits um 15:30 Uhr dort zu sein. Da kann man nicht meckern. Früh los und 2x umsteigen (3x, nimmt man die S-Bahn zum München HBF dazu), keine nennenswerte Verspätung und zum Tee sitzt man schon in einem norddeutschen Café. Auch zurück lief alles glatt. Diesmal fuhren wir später ab, um noch einmal gemütlich zu frühstücken und in Ruhe zu packen. Der RE fuhr um 9:30 Uhr los, in Hamburg stiegen wir in den ICE und fuhren ohne Umstieg bis München HBF durch. Um 18:30 Uhr waren wir wieder am Startpunkt angekommen. Auf den über 800km hatten wir hin- wie rückzugs nur 5 Minuten Verspätung.
Husumer Geschichte
Husum wurde dank der „Grote Mandränke“, einer Sturmflut im 14. Jahrhundert zur Küstenstadt. Nach der Flut lag der Ort am Meer, man gründete einen Markt und betrieb Handel. Erstmals urkundlich erwähnt wird Husum 1409. Anfang des 18. Jahrhunderts wurde Schleswig (und damit auch Husum) ein dänisches Lehen, Ende des 19. Jahrhunderts nach dem Deutsch-Dänischen Krieg österreich-preußisch, dann preußisch und dann der nördlichste Teil Deutschlands. Während der NS Zeit war Husum Standort der Wehrmacht und betrieb eine Marinekriegsschule. Von September bis Dezember 1944 wurde als Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme vor Husum das KZ Husum-Schwesig betrieben. Die dort Inhaftierten mussten Zwangsarbeit leisten und am sogenannten Friesenwall arbeiten. Etwa 300 von ihnen starben. Weit bekannt war Husum für seinen Viehmarkt. Im 19. Jahrhundert war er der drittgrößte Viehmarkt Deutschlands. 1970 wurde er endgültig geschlossen. Heute ist Husum die Kreisstadt des Kreises Nordfriesland in Schleswig- Holstein mit über 23.000 Einwohnern und lebt vom Tourismus.
Von wegen „graue Stadt am Meer“ – Husum ist bunt!
Die Innenstadt ist durchzogen von kleinen Gassen. Rund um den Marktplatz an der Marienkirche finden sich die ortstypischen Gebäude mit den spitzen Giebeln in denen heute vor allem Geschäfte untergebracht sind. Um den Kern herum ist Husum gewachsen wie alle Städte und beheimatet eine Messe, ein Gewerbegebiet und am Außenhafen einen Fischmarkt, ein Reperaturdock und Silos des Agrarhandels. Direkt in der Innenstadt befindet sich der Binnenhafen von dem aus kleinere Schiffe unter einer hochziehbaren Brücke hindurch zum Meer gelangen können.
Vorgelagert und zu Fuß gut erreichbar befindet sich die Dockkoog. Dort liegt ein Grasstrand wo man sommers nach herzenslust Baden kann. Jetzt im Herbst lässt sich dort spazieren gehen und den Schafen zuschauen. Natürlich findet man auch die typischen Deiche, welche die Stadt vor dem Meer schützen. In Husum lebte Theodor Storm, der bekannte Schriftsteller. Er hat die Bezeichnung „graue Stadt am Meer“ mit seinem Gedicht „Die Stadt“ geprägt.
Auf Entdeckertour in Husums Gassen
Wir haben versucht, möglichst viel zu sehen. Von der Stadt und ihren Sehenswürdigkeiten. Wollten uns treiben lassen, gut essen und einmal auch das Meer sehen. Also schlenderten wir auf Kopfsteinpflaster durch alle Gassen, schauten in Schaufenster und kauften Tee und Bücher, schauten auf dem Samstagsmarkt und beim Außenhafen vorbei und liefen bis hinaus zum Dockkoog. Im Schlosspark liefen wir mitten durch einen Blätterteppich und waren fast allein, auf dem Deich pustet der Wind schwarze Regenwolken über uns hinweg und beschenkte uns mit dem ersten Hagel des nahenden Winters.
Wir besichtigten das Schloss vor Husum, liefen bis hinunter in die Kerkerzelle und wieder hinauf bis unters Dach zur aktuellen Kunstausstellung. Auch das im Schloss befindliche Poppenspäler Museum haben wir besichtigt. Im Schlosscafé wärmten wir uns auf, können es aber nicht recht empfehlen was den Kaffee angeht. Die Torten sahen zumindest großartig aus. Gekostet haben wir sie nicht. Außerdem sahen wir uns die Ausstellung im Weihnachtshaus an. Auf drei Stockwerken findet sich allerlei weihnachtlicher Schmuck, Traditionen und Spielzeug von der Biedermeierzeit bis heute. Gekauft werden kann hier auch allerlei Baumschmuck.
Wäre der Regen vor allem Sonntag nicht im Stundentakt waagerecht übers Land gezogen, wären wir sicherlich mit dem Bus nach Schobüll gefahren um dort den fotogenen Steg zu betreten und dem Meer noch näher zu sein. Stattdessen sprangen wir in Regenpausen durch den Ort und wärmten uns regelmäßig im Hotel auf. Dies lag zum Glück zentral am Binnenhafen.
Vegan schlemmen in Husum
Man möchte es nicht glauben, aber in Husum kann man vegan schlemmen. Zwischen drölfzig Fischrestaurants finden sich tatsächlich Orte, um tierleidfrei zu schmausen. Besonders angetan hat es uns die Mezze Platte vegan in Alex Kitchen. So was leckeres habe ich ewig nicht gegessen. Aber auch das rote Linsen Curry und die selbstgemachten Nudeln waren lecker. Es hätte sie aber gar nicht gebraucht – die Platte ist so üppig, dass wir danach pappsatt waren und nach dem zweiten Gang nur noch heimrollen konnten. Torte satt inklusive einiger veganer Tartes gibt es im Künstlercafé. Selbstverständlich mit veganer Milch zum Kaffee und dem leckersten Flammkuchen mit Pesto ever! Da kann man es aushalten, wenns draußen stürmt und schüttet.
Wer es schnell mag, der kann in Husum nicht nur bei McDonalds essen, sondern neuerdings auch einen veganen Döner mit Safransoße bei Amirs Döner bekommen. Und in der Osteria bei Peci gibt’s nicht nur freundliche Bewirtung sondern auch die leckersten Spaghetti Aglio a Olio, die ich je gegessen habe. Aber vorsicht: Mit Knoblauch ist hier keiner zimperlich.
Veganfreundlich Übernachten
Wer vegan isst, muss sich auch überlegen, wo er übernachtet. Schließlich möchte man den Tag ja gerne mit einem schönen Frühstück beginnen. Leider bietet nicht jedes Hotel vegane Optionen an. Viele haben nicht einmal eine Ahnung, wie sowas aussehen könnte. Daher empfehle ich (auch weil der Schlafkomfort echt toll war!) heute auch mal unser Hotel. Als ich im Hotel Altes Zollamt bei der Buchung nach veganem Frühstück gefragt habe bekam ich sofort eine Rückmeldung mit allen veganen Optionen, die sie mir anbieten können und der Bitte, wenn ich noch etwas bräuchte, einfach Bescheid zu sagen.
Am Morgen war dann auch immer alles für mich hergerichtet mit Hafermilch, Brötchen, Käsealternative, Joghurt und Obst. Was vom Buffet sonst noch vegan war, wurde mir sofort und super freundlich mitgeteilt. Beim Dienstwechsel hinterließ man der Kollegin sogar ein Foto, wie mein Teller hergerichtet werden soll. So einen tollen Service und so freundliche Menschen, denen wichtig ist, dass ich ausreichend und gutes Essen bekomme, habe ich in noch keinem Hotel erlebt. Daher kann ich dieses Hotel wirklich von Herzen empfehlen.
Nordseeküste im Herbst? Immer wieder.
Die drei Tage waren viel zu schnell um. Man muss ja auch noch Pausen einlegen vom vielen Laufen und ein oder zwei Ausflüge weiter weg wären sicher auch toll gewesen. Das Freilichtmuseum hatte geschlossen und für einen richtigen Ausflug ans Meer war das Wetter einfach zu krass. Dafür war aber weniger los als zur Hochsaison. Man bekam immer einen Tisch im Restaurant und konnte in den Straßen gemütlich schlendern statt geschoben zu werden. Daher ein klares Ja zu einem Urlaub am Meer im Herbst. Dass es just dann wieder sonnig wurde, als wir abreisten ist ärgerlich, aber eben nicht planbar. Wer sponatener reisen kann (weil näher dran), der kann die Flexibilität ruhig nutzen. Wir haben es aber auch mit Sturm und Regen in vollen Zügen genossen.