Engagement im politischen Amt oder in einer Organisation – Was ist eigentlich besser?
Am 9. Juni findet in Deutschland die Wahl des europäischen Parlaments, kurz Europawahl statt. In ganz Europa wählen die Menschen der Mitgliedsländer zwischen dem 6. und 9. Juni ihre Vertreter*innen für dieses Parlament. Gewählt wird es alle 5 Jahre. Und obwohl wir damit eine viel größere, weil länderumspannende, Wahl abhalten, wissen viele Menschen sehr wenig über diese Wahl.
Momentan sitzen im Europäischen Parlament 705 Abgeordnete. Der Frauenanteil in der noch aktuellen Legislaturperiode liegt bei 40,4%. Die Anzahl der Abgeordneten wird sich für die kommene Legislaturperiode auf 720 erhöhen. Für Deutschland stehen bei der kommenden Wahl 96 Parlamentssitze zur Verfügung. Das bedeutet, unsere Landesinteressen werden durch 96 Stimmen vertreten.
Wozu gibt es das EU Parlament?
Viele fragen sich, wieso sie überhaupt wählen sollen? Das Europäische Parlament hat keinen sonderlich guten Ruf. An den Menschen vorbei, aberwitzige Vorschriften, für Länder nicht umsetzbar … das hört man oft.
Dabei vergessen wir gerne das wichtigste: Wir wählen die Parteien, die dann auf europäischer Ebene Entscheidungen treffen. Freihandelsabkommen, einheitliche Standarads beim Thema Umweltschutz, Zulassungen und Verbot für Chemikalien, Migrations- und Flüchtlingspolitik, ja sogar die Frage nach der Sinnhaftigkeit Europas – all diese Themen behandelt das Parlament. Und entscheidet je nach Verhältnis der gewählten Vertreter*innen die zukünftige Entwicklung.
Wenn wir sagen, „Europarecht – das ist so weit weg. Die wissen eh nicht, was mich angeht“, dann geben wir Plätze frei für populistische und nationalistische Stimmen. Dann verabschieden wir uns von der Hoffnung auf eine Einigung extrem wichtigen Zukunftsfragen wie migration, Klimaschutz und Einigkeit. Dann überlassen wir denjenigen das Feld, die nationalistisch, rückwärtsgewannt und menschenrechtsvergessen Errungenschaften mit Füßen treten, die wir mühsam erarbeitet haben.
Wer sich dann auf Länderebene nicht an Abmachungen hält, kann verklagt werden. Ebenso große Firmen, die geltende Datenschutzregeln nicht einhalten. Das gleiche gilt für Verordnungen wie REACH (europäische Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe), welche nur auf europäischer Ebene zielführend greifen.
Warum aber kann das nicht jedes Land für sich machen? Weil wir miteinander Handel treiben und uns austauschen. Wir leben auf so engem Raum miteinander, dass ein gewisses Maß an gemeinsamem Handeln sinnvoll, ja notwendig ist.
Wie wählt man bei der Europawahl?
Bei der Wahl des Europäischen Parlaments wählt man keine Einzelpersonen, sondern Parteien. Diese widerum haben für sich ihre Spitzenkandidat*innen vorab festgelegt und aufgestellt. Wer genau das ist, kann man auf den jeweiligen Parteiseiten nachlesen. Auch das Wahlprogramm, worum des also den einzelnen Parteien beim Thema Europa geht, ist auf den Webseiten jeder Partei zu finden. Gewählt wird nach dem Verhältniswahlsystem. Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, desto mehr ihrer Vertreter*innen kann sie ins Parlament schicken.
Die Reihenfolge der Parteien auf dem Wahlschein ergibt sich aus der Stimmenverteilung der letzten Wahl. Das bedeutet auch, dass ein Wahlschein in Bayern anders ausschaut als in Schleswig-Holstein. Zumindest was die Parteireihenfolge angeht.
Bei der Wahl darf eine Stimme abgegeben werden, das heißt, auf dem Wahlschein macht man nur ein Kreuz. Nicht mehr, nicht weniger. Sonst ist der Wahlschein ungültig. Das passiert auch bei witzig gemeinten Kommentaren, Kritzeleien etc. Wählen ist eben kein Kinderfasching.
Wer darf wählen?
Bei der Europawahl dürfen alle wählen, die 16 Jahre alt sind, eine EU-Staatsbürgerschaft haben und seit mindestens drei Monaten in der EU leben. Für EU-Bürger*innen anderer Staaten gilt für eine Wahl in Deutschland zudem, dass sie in Deutschland wohnhaft sein müssen und im Wählerverzeichnis eingetragen sind.
Ganz viele Infos zu „wie wähle ich“, auch für spezielle Fälle mit Auslandswohnsitz findet ihr auf der Seite des Europäischen Parlaments.
Darum Europawahl
Seit Jahren befindet sich Europa in einer Krise. Brexit, Schuldenkrise, erstarkender Populismus, Weigerung des gemeinsamen Handelns, Kritik am Euro. Ich habe diesen Satz schon 2019 geschrieben und leider ist er immer noch genau so wahr. Viele Dinge sind nicht gut gelaufen, andere widerum wären ohne Entscheidungen auf europäischer Ebene nicht durchgekommen.
Vielleicht muss man die Wahl 2024 auch unter das Motto „Demokratie schützen“ stellen. Denn die Wahlmüdigkeit und das Selbstverständnis vieler, was Demokratie angeht, bröckelt immer mehr. Wir in Deutschland leben in einem demokratischen Staat, aber auch hier zeigen Umfragewerte die Gefahr für Demokratie und Menschenrechte.
Demokratie ist immer das, was wir daraus machen. Diejenige, der wir unsere Stimme geben, kann sie nutzen um Werte und Ziele zu verfolgen, die uns selbst auch wichtig sind. Der Glauben „andere werden es schon richten“ stellt sich seit Jahren als Fehler heraus. Europa bedeutet im Kern Reisefreiheit, Menschenrechte, Handel und Frieden. Es bedeutet Gemeinsamkeit in der Verschiedenheit. Diese Wahl ist eine Chance, dem Nationalismus und Populismus etwas entgegen zu setzen und Menschen zu befähigen, Europa in unserem Sinne zu leiten und entwickeln.
Europa kann eine starke Kraft und Vorreiter werden in Sachen Klimaschutz, Menschenrechte und gutes Leben. Wenn wir wählen gehen. Wenn wir der Demokratie, der Zukunftszugewandheit, den eigentlichen europäischen Werten unsere Stimme geben.
Deshalb: Wählen gehen. Am 9. Juni oder per Briefwahl.
Neben den einzelnen Seiten der Parteien findet ihr hier weitere Links zum Thema Europawahl:
Fotocredits: © European Union, 2019