Einfach nachhaltiger: Anfangen
Orientierung im Biosiegel-Dschungel
Unverpackt kaufen. Fair kaufen. Bio kaufen. Metall statt Plastik kaufen. Lokal kaufen. Kleine Läden unterstützen. Das ist alles eine feine Sache. Allerdings haben sie alle einen Haken. Denn so schön es ist, wenn viele Menschen lieber fair produzierte Waren oder solche made in Germany kaufen, und damit für bessere Produktionsbedingungen einstehen, Konsum bleibt Konsum.
Auch grüner Konsum ist Konsum
Wir alle konsumieren viel zu viel. Unsere Schränke übervoll. Unsere Schubladen ein Meer aus Kruscht. Die Regale biegen sich unter unserem Besitz. Regelmäßige Ausmistaktionen a la Konmari, Capsule Wardrobe oder Minimalism führen zur Überflutung der Kleiderkammern, Kleidercontainer oder dem Restmüll. Denn das Jahr hat 52 Fashionwochen und ständig gibt es ein besseres Handy, einen besseren Mixer, eine neue Farbe, eine neue Funktion oder aber das Gerät gibt von selbst seinen Geist auf. „Reparieren? Lohnt sich nicht, kaufen Sie es neu“ lautet die Antwort der Firmen meistens.
5 Stufen zu ernstgemeintem Konsum
Wenn wir es wirklich ernst meinen mit dem nachhaltigen Leben, dann können wir nicht bei fairer und grüner Produktion stehen bleiben. Dann müssen wir weiter gehen.
1. Lasst das kaufen sein!
Der beste Konsum ist der, der nicht stattfindet. Was bitte brauchen wir wirklich, wiiiiirrrrrklich ernsthaft? Wer nicht gerade einen neuen Hausstand gründet, sein Hab und Gut verloren hat oder immer noch wächst, der ist doch mit allem doppelt und dreifach ausgestattet.
Hören wir auf uns Zeug ins Haus zu holen. Scheiß auf Farbtrend oder das neuste Feature! Jeder der dir erzählt, dass sein Produkt jetzt noch besser ist will nur eines: Verkaufen! Er will dir nichts gutes tun, er will nur dein Geld. So einfach ist das. Und dafür schmeißen wir – weil wir wollen ja nicht so werden wie die Kanadier in „Consumed“ – das alte Zeug raus. Bestenfalls indem wir es weitergeben oder verkaufen auf der Auktionsplattform unseres Vertruens. Gewissen reingewaschen, neues gekauft.
Falsch! Das Neue verbraucht wieder Ressourcen in der Herstellung, im Transport, Verpackungsmaterial etc. Das Alte verbraucht auch weiterhin Ressourcen, immerhin benutzt es ja jemand weiter …. der vielleicht dafür sein altes Teil … oh.
2. Reparieren lassen
Bevor ihr überhaupt in Erwägung zieht, ein Teil zu ersetzen, weil es nicht mehr tut, fragt euch: Könnte man das theoretisch und praktisch reparieren? Inzwischen sprießen Repair Cafés aus dem Boden wie Pilze. Geht dort hin. Erstaunlich vieles kann repariert werden. Fragt auch immer die Firmen an und macht ihnen klar, dass Reparatur eure Wahl ist. Vermutlich werden sie euch erklären, dass das nicht lohnt. Bezieht dagegen Stellung und kommuniziert euren Unmut über die Wegwerfidee. Je mehr auf reparierbarkeit bestehen, desto eher wird diese Möglichkeit mit bedacht.
Macht euch auch klar, das Reperatur nicht unbedingt sehr viel billiger ist als neu kaufen. Es geht weniger ums Geld sparen als um das Sparen von Ressourcen. Macht euch das zum Mantra.
3. Wenn es wirklich (!) gebraucht wird, kauft gebrauchte Dinge
Ja, ich bin mir der Ironie bewusst. Eben noch aufs gebrauchtes Verkaufen geschimpft, und jetzt das. Der Unterschied liegt aber im Detail: Wenn ich wirklich, wiiiiirklich etwas kaufen muss, weil das alte kaputt und nicht reparierbar ist, dann ist second hand tasächlich die beste Wahl. Denn von allem, was wir besitzen, gibt es 100 gebrauchte Pendants.
Daher: wenn wirklich etwas kaputt gegangen ist, dann sucht online oder auf Flohmärkten nach Ersatz. Hier sollte in den meisten Fällen übrigens auch Funktion vor Design gehen. Kauft euch ein hochwertiges gebrauchtes Ersatzprodukt. Dann habt ihr länger etwas davon. Es lohnt sich auch, ein bisschen zu warten. Entweder auf das passende Teil, oder um festzustellen, dass das Alte gar nicht ersetzt werden muss, weil doch nicht so lebensnotwendig wie gedacht.
Auch eine Option: Fragt im Familien- und Bekanntenkreis nach. Ihr werdet staunen, wie viele doppelte Mixer, Kochlöffel, ausrangierte Kaffeemaschinen etc. noch in Kellern verstauben.
4. Leiht es euch aus
Leihen ist eine sehr gute Möglichkeit, Bedürfnisse von wirklicher Notwendigkeit zu unterscheiden. Oft entdecken wir ein neues Hobby oder ein tolles Gerät und wollen es sofort haben. Wenn wir uns das aber erst einmal von Freunden und Bekannten leihen, können wir sehen, wie sehr wir es wirklich brauchen.
Das ist auch dann eine gute Möglichkeit, wenn ihr gebraucht nicht gleich bekommt, was ihr euch überlegt habt. Nutzt geliehenes von anderen bis ihr sicher seid, dass ihr es braucht. Oder auch, bis ihr Zeit habt, in Ruhe nach einem Ersatz zu schauen. Wenns wirklich mal brennt, reicht auch was geliehenes.
5. Letzte Option: Neukauf mit Bedacht
Sollte widererwarten nirgends zu bekommen sein, was ihr so dringend braucht, dann kauft es neu. Wenn ihr es wirklich braucht. Denkt ruhig länger darüber nach, gebt euch ein paar Tage oder Wochen.
Und dann kauft nach den zu Anfang erwähnten Kriterien: Vorzugsweise lokal vor Ort, deutsche oder europische Produktion, faire Arbeitsbedingungen, gutes Material, überzeugende Langlebigkeit, Reparierbarkeit.
Extratip
Bevor ihr kauft (egal ob neu oder gebraucht) fragt euch wirklich ernsthaft, warum ihr das kaufen wollt. Brauche ich wirklich diesen Sandwichmaker? Die Saftpresse? Wie ernsthaft will ich wirklich jahrelang mein Mehl selber mahlen? Werde ich diesen schrillen Mantel wirklich immer tragen wollen?
Schreibt euch den Kaufwunsch auf und lasst ihn liegen. Eine lange Weile. Redet mit Leuten über das Ding, ob sie es nutzen, was sie so meinen. Überlegt ein wenig hin und her. So gut wie nichts muss über Nacht gekauft werden. Außer natürlich, alle Schlüpper sind bei der Wäsche in Fetzen gerissen. Das wäre ein Sofortkauf wert.