
#allesGeschichte | Die Wikinger

#allesGeschichte | Mythos weiße Weihnachten

Na das läuft ja mal richtig gut mit dem Plan unter #allesGeschichte, eine neue Reihe aufzumachen. Mahahaha. Nicht. Was übrigens an einem krassen Imposter Syndrom liegt. Ich glaube einfach ständig, dass ich gar nicht das Recht habe, irgendwas halbwissenschaftliches zu schreiben. Obwohl ich den Bacherlor für Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Geschichte ja nun in Sichtweite habe. Obwohl das hier natürlich keine wissenschaftliche Abhandlung werden soll. Trotzdem. Und natürlich der Anspruch, möglichst viel zu schreiben. Und witzig. Und belegt. Will mal sagen: Keine gute Kombi.
Neustart mit dem Ende aller Zeiten
Ich wills jetzt aber doch noch mal probieren und mache einfach mal weiter. Mit dem Ende der Zeit. Feierabend, Ende Gelände. Das Thema Endzeit eint – wenn auch in ganz unterschiedlicher Art und Weise – die drei großen Buchreligionen Judentum, Christentum und Islam. Welt wird erschaffen, Welt endet.
Heute ist das für ganz viele Menschen überhaupt kein Thema mehr, maximal noch in wilden Endzeitfilmen mit Naturkatastrophen. Also menschengemachtes Ende. Das Ende aller Zeit als Gottes Plan findet in westlichen Kulturen wenig bis gar keinen Platz. Oder denkt ihr ab und an daran, dass das alles enden wird und dass damit bestimmte Dinge einhergehen? Das man sich vorbereiten sollte? Vermutlich eher nicht.
Das Weltende als Teil des Alltags
Im Mittelalter und Anfang der Neuzeit war das noch ganz anders. Ich spreche jetzt mal ausschließlich (ergo ausschließend) vom Christentum. Weil ich da einfach grad am meisten Ahnung hab. Seit den urchristlichen Gemeinden war klar: Das Ende wird kommen. Steht schließlich in der Bibel bei Matthäus und in der Apokalypse des Johannes. Aber wann? Das weiß man nicht weil, so stehts in Matthäus 24; 36: „Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater.“ Also, man weiß es nicht. Und man soll es eigentlich auch nicht erforschen, weil das Ganze eben Gottes Sache ist. ABER … na, da komm ich gleich noch drauf.
Jedenfalls ist jedem mittelalterlichen Christen klar: Diese Welt ist endlich. Und das ist total ok. Der Kernsatz beim Historiker Johannes Fried („Aufstieg aus dem Untergang“) dazu lautet: Apokalyptik ist ein kollektiver Denkstil. Das ist wichtig für uns, weil wir verstehen müssen, dass Menschen damals weniger Panik vor dem Weltende hatten als dass sie es als elementaren Teil des Weltgeschehens sehen. Nochmal: Gott erschuf, Gott wird diese Welt enden. Dazwischen leben die Menschen. Etwa sechs Zeitalter lang plus das siebte, in dem dann das Ende erfüllt wird. Und jetzt kommen wir zu dem ABER von vorhin.
Das Ende berechnen soll man nicht, tut man aber doch
Zumindest ungefähr. Eigentlich heißt es: Gott wird irgendwann das Ende einläuten, mit allen Zeichen und Geschehnissen, die man so lesen oder sich bildlich anschauen kann. Aber wann es soweit ist, das ist Gottes und nicht des Menschen Sache. Mensch ist aber neugierig und außerdem auch wissbegierig (auch im Mittelalter!) und will verstehen. Will erkennen. Natürlich auch aus Sorge ums Seelenheil. Weil man schon die Zeichen erkennen sollte. Den falschen Messias, den Antichrist. Sich vorbereiten um auf der richtigen Seite zu stehen und so weiter. Zeitende heißt halt nicht nur abwarten. Sondern darauf zuarbeiten.
Also will man wissen: Wie viel Zeit ist noch? Klar, man rechnet nicht rum auf den Tag. Aber man muss doch mal gucken, wie viel Zeit grundsätzlich schon vergangen ist. In welchem Zeitalter stecken wir? Ist das Ende schon eingeläutet? Dazu passt, dass man sich auch fragt: Das was ich da an Zeichen und Geschehnissen wahrnehme, ist das schon Teil vom Ende?
Es wurde also gerechnet. Rechnen musste man ja eh – wegen Ostern und so. Die Komputistik rechnete also auch aus wie viel Zeit zwischen Schöpfung und Jesu Geburt/Jesu Auferstehung und folglich dem Weltende liegt. Mit einer gewissen Variable. Die einen sagen 6×1000 Jahre, die anderen geben allen sechs Zeitaltern eine unterschiedliche Dauer, legen sie an Weltgeschehen fest. Dann folgt das siebte Zeitalter, in dem eben die Prophezeiungen erfüllt werden. Generell befinden sich alle in diesem 7. Zeitalter, das mit Jesu Geburt/Tod beginnt.
Leben, wenn das Ende in Sicht ist
Also, die Leute leben in einer Realität, in der das Ende der Welt dazu gehört wie für uns Silvester oder dass Gras aus der Erde wächst. Es ist normal. Sie sind übrigens auch nicht panisch, weil es ja nicht BOOM macht und die Erde explodiert, sondern Weltende Neubeginn bedeutet. Da kommt was, was besseres. Zumindest, wenn man sich an die Regeln hält. Natürlich bereitet das etwas Sorge. Fromm genug? Genug Gebete? Genug Mission? Genug Gottes Wohlgefallen? Deshalb wird auch immer wieder aufgerufen, sich vorzubereiten. Bereit zu sein. Deswegen missionieren Herrscher im Mittelalter andere Völker. Deswegen bauen sie Kirchen. Deswegen sehen sie zu, dass sich der Toten erinnert wird in Klöstern. Deswegen aber auch fordern sie die Erforschung und das Hinterfragen von Ereignissen. Weil es in ihrer Verantwortung liegt, dass ihre Leute, ihre Untertanen gottgefällig leben.
Und das, das ist der Beginn von wissenschaftlichem Denken! Was ist das für ein Phänomen? Steht dazu in irgendwelchen Schriften was? Ist das Natur oder ein Gotteszeichen? Ist das Ermahnung oder der Anfang vom Ende? Dazu braucht es Astronomie, Mathematik, Latein, Schriftkunde … you name it.
Das Volk beschäftigt sich damit weit weniger. Es sieht die Bilder vom Jüngsten Gericht, hört Predigten der Ermahnung und der Umkehr und lässt sich schon auch regelmäßig verleiten für so Dinge wie Kreuzzug oder „interessante“ Glaubensbewegungen. Meist aber lebt es einfach sein Leben mit dem Wissen: Was anfängt, das endet auch. Und wann, das weiß nur Gott.
Und wenn das Ende dann doch nicht wie gedacht kommt? Macht nix. Gottes Wege … ihr wisst ja. Was übrigens nur leicht ironisch gemeint ist. Schließlich entsprach dies ganz genau der Wirklichkeit der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Christen. Ganz ohne Augenzwinkern.
1 Comment
Oooooook! Immer diese Selbstzweifel! Neeneenee! Du schreibst witzig. Du schreibst viel. Du schreibst „Geschichte“ leb- und leshaft. Ich meine, die Kombi passt. Weiter so, einfach schreiben. 👍