Bahn fahren. Tipps zum ökologischen Reisen
Mein erster Fotokurs. Einmal raus aus der Komfortzone
Die ersten richtig schönen Tage des Jahres fielen glatt auf das lange Wochenende um Christi Himmelfahrt. Was lag da näher, als sich aufs Rad zu schwingen und eine der tollen Radwege in Bayern und Umgebung abzufahren? Mich zog es an den Bodensee. Statt nur einen Ort zu besuchen wählte ich den Bodenseeradweg als Grundlage meines Besuchs. Ich wollte Lindau, Bregenz und vor allem Kostanz mit der Insel Mainau sehen. Mich aber auch bewegen und flexibel unterwegs sein.
Der Bodenseeradweg ist ein wirklich schöner, und vor allem leichter Radweg. Kein Wunder, dass man dort vermehrt Familien mit Radanhänger antrifft. Der Vorteil des 268km langen Radrundwegs ist, dass man jederzeit überall einsteigen und wieder aussteigen kann. Bahnverbindungen zu jedem größeren Ort und Schiffsverkehr ermöglichen Etappenlängen für jede Kondition und jedes Zeitfenster.
Die Route
Der direkte Weg aus München führt per Regionalbahn nach Lindau. Dank Bayernticket kommt man für 30,50€ inkl. Fahrradkarte dort hin. Einzig die Frage, ob das Fahrrad wirklich Platz hat, kann problematisch werden. Denn: Die Idee am Bodensee zu radeln haben sehr viele Menschen. Also lieber außerhalb der Stoßzeiten (lange Wochenenden, Feiertage) oder sehr früh abfahren. Dann hat man auch gleich mehr vom Tag. Ich wählte also Lindau als Start- und Endpunkt aus und plante eine entspannte Rundtour über Bregenz, Rorschach, Romanshorn, Konstanz, Meersburg und Friedrichshafen. Weil ich mehr Zeit in Konstanz verbringen wollte, ließ ich den Untersee und den Überlingersee aus. Im Nachhinein vielleicht keine gute Idee. Dazu später mehr.
Erste Etappe: Lindau – Bregenz (9,5 km)
Am Anreisetag kam ich bereits vormittags in Lindau an. Der Bahnhof liegt direkt am Hafen Lindau-Insel. Man fällt also mit dem Rad direkt aus dem Zug auf die Uferprommenade. Prima, denn so kann man am Abreisetag noch gemütlich am Ufer sitzen und dem Treiben der ganzen Schiffstouristen zuschauen bis der Zug in die Heimat geht.
Das Problem einer mehrtägigen Radreise ist das Gepäck. Ich hatte zwei Taschen am Rad befestigt und die können nun einmal nicht mit dem Fahrrad sorglos irgendwo abgestellt werden. Tragen ist aber auch keine dauerhafte Lösung. Also erkundete ich die schöne Altstadt schiebend. Das ist nicht optimal und Fahrradparkhäuser in Städten entlang von frequentieren Radwegen meiner Meinung nach längst überfällig.
Bregenz
Mein Ziel für den ersten Tag war Bregenz. Das liegt nur 9,5km von Lindau entfernt und das ist keine ernstzunehmende Tour. Für den Anreisetag aber genau richtig. Nach einem kurzen Spaziergang durch die Gassen in Lindau schwang ich mich also aufs Rad und fuhr gemütlich bis hinter Bregenz, genau gesagt bis nach Bregenz-Hard. Denn dort hatte ich ein Zimmer gebucht. Wie sich herausstellte genau die richtige Wahl. Abgelegen vom Innenstadttrubel liegt das Gästehaus Gritsch direkt am Bodensee-Radweg. Das bedeutet gute Anbindung bei gleichzeitiger Ruhe, denn es gibt nur wenige Zimmer. Auch für pflanzliche Milch war auf Anfrage gesorgt worden.
Nachdem ich mein Gepäck loswerden konnte, schwang ich mich aufs Rad und fuhr zurück nach Bregenz. Die Stadt wollte erkundet werden. Wunderbar kann man die Seeprommenade entlang flanieren und ein Eis essen oder Kaffe trinken, durch die Oberstadt schlendern oder auf den Pfänder wandern. Für jeden ist etwas dabei. Auch für Kinder. An Spielplätzen mangelt es in Bregenz wahrlich nicht. Besonders schön ist es übrigens, sich den Sonnenuntergang über dem Bodensse von den Sonnenstufen aus anzusehen.
Auf den Pfänder
Da ich so viel Zeit hatte und Bock auf Berg, wollte ich gerne auf den Pfänder wandern. Das Fahrrad kann an der Talstation problemlos abgeschlossen werden. Für die reine Gehzeit werden 2 Stunden veranschlagt. Immerhin ist der Hausberg Bregenz nur 600m über dem See gelegen bei gleichzeitig fantastischer Aussicht. Aufgrund meiner Schuhe (fehlendes Profil) und der Tatsache, dass es ja wochenlang vorher immer geregnet hatte, entschied ich mich aber doch für die „Oma Variante“ und fuhr mit der Gondel hinauf. Für alle mit vernünftigen Schuhen empfehle ich aber eindeutig den Fußweg. Von oben hat man eine tolle Aussicht auf den Bodensee und die Alpen. Wer mit Kindern hinauf kommt, den erwartet ein Alpenwildpark neben der Bergstation und ein schöner Spielplatz.
Zweite Etappe: Bregenz – Konstanz (78km)
Am zweiten Tag wollte ich es dann wissen und fuhr die 78km nach Konstanz durch. Den See immer zur rechten, durch Felder und immer auf guten Radwegen durchfuhr ich die Schweiz über Rorschach, Arbon, Romanshorn und Kreuzlingen. Regelmäßig kam ich an Trinkwasserbrunnen und schönen Aussichten vorbei.
Besonders schön ist gleich der erste Abschnitt am Rheindelta. Hier führt der Weg zwar weg vom See dafür wird man mit einem beeindruckenden Bergblick entschädigt. Die gesamte Strecke nah Konstanz ist eben und gut ausgeschildert. Viele Orte laden zum pausieren ein und die ein oder andere Schwimmstelle verspricht eine willkommene Abwechslung.
Ist man erst einmal in Kreuzlingen angekommen, ist es nur noch ein Katzensprung nach Konstanz. Hier verlässt man die Schweiz wieder – was bei fehlenden Franken und Kaffeewunsch durchaus gut ist. Denn wer in der Schweiz mit Euro zahlt, der zahlt drauf.
Konstanz
Am frühen Nachmittag hatte ich Konstanz erreicht und damit mein Ziel für die kommenden zwei Tage. Statt weiter zu radeln hatte ich hier Sightseeing, Besuch der Mainau und ausruhen eingeplant.
Nachdem ich die optische Grenze zwischen Schweiz und Deutschland in Konstanz durchfahren hatte machte ich mich auf die Suche nach meiner Unterkunft und war positiv überrascht, dass das Hotel Constantia direkt auf meinem Weg in die Stadt lag. Wieder Glück gehabt: Zimmer zum Innenhof, ruhige Lage, direk an der Alstadt, alles Fußläufig, veganes Frühstück kein Problem.
Konstanz ist eine wunderschöne und wenn Ferien und Wochenene ist sehr volle Touristenstadt. Aber nicht nur die, auch Studierende und Rentner*innen ziehen gerne hier her. So ist immer Leben in der Bude und alle Sehenswürdigkeiten gut besucht. Ich entschied mich für eine Stadtführung zum Konstanzer Konzil und lernte einiges über „Hübschnerinnen“, über Papst und Gegenpapst und die Machtspielchen im Mittelalter. Wusstet ihr, dass damals ein gemeinsamer Puffbesuch mit Geschäftspartnern oder dem Staatsbesuch zum guten Ton der Gastfreundschaft gehörte?
Die Klosterinsel Reichenau
Mich juckte es gleich am ersten Tag in Konstanz schon wieder, doch mit dem Rad zu fahren. Also vielleicht doch den Untersee abfahren? Ich hätte es tun sollen – im Nachhinein ist man ja immer schlauer – aber ich scheute die erneuten 75km. Also fuhr ich stattdessen zur Insel Reichenau. Der Radrundweg von Konstanz über die Insel und zurück ist ungefähr 26km lang, eine angenehme Ausflugstour also. Die Klosterinsel, seit 2000 ein UNSECO Welterbe, ist seit dem Jahr 724 von Benediktinern besiedelt, die dort ein Kloster bauten. Heute ist vor allem der Gemüseanbeu bekannt.
Ein wenig enttäuscht war ich schon von meiner Tour dort hin. Denn zum einen ist die Anfahrt nicht sehr idyllisch und zum anderen kommt man mit dem Fahrrad selten ans Ufer. Wer also wirklich Zeit auf der Insel verbringen mag und nicht nur wie ich quer an den Gewächshäusern entlang dem Fahrradweg folgen will, der stellt am besten sein Fahrrad ab und geht zu Fuß über die Insel.
Die Blumeninsel Mainau
Lange schon wollte ich die Blumenpracht auf der Insel Mainau sehen. Nie war dafür beim vorbei fahren, beispielsweise auf dem Weg nach Luzern, Zeit. Deswegen stand die Insel ganz oben auf meiner „to see“ Liste des Bodensees.
Theoretisch kann man sich zwischen Wasserspielen, Schloss, Cafés und Spielplatz gut den ganzen Tag auf der Insel aufhalten. Allein der Eintrittspreis legt dies nahe. Unter Fotografieaspekten macht es aber eigentlich nur Sinn bei guten Lichtverhältnissen auf die Insel zu fahren. Da kommt es doch gelegen, dass sie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet ist. Und wer wie ich eher nicht lange verweilt (Hummeln im Po), für den lohnt sich eine Abendkarte für den halben Preis.
Die Anfahrt per Rad ist mit knapp 9km überhaupt kein Problem und an der Insel selbst finden sich genügend Fahrradparkplätze und sogar Schließfächer für Gepäck. Mir haben die Abendstunden auf der Insel sehr gefallen. Je nach Pflanzungen fühlte man sich wie in Italien oder Spanien. Aber auch heimische Pflanzen schmückten die Beete und überall zu ein betörender Duft durch die Luft.
Dritte Etappe: Meersburg – Lindau (41km)
Aufgrund meines Planes, wieder in Lindau in den Zug zu steigen setzte ich, statt die 60km um den Überlingersee mitzunehmen, direkt und sehr früh mit der Fähre von Konstanz nach Meersburg über. So wollte ich entspannt die letzten 41km zurücklegen und am frühen Nachmittag heim fahren.
Meersburg
Was soll man über Meersburg noch schreiben? Mehr Bilderbuch geht wohl nicht. Die Uferprommenade, die Oberstadt mit ihren alten Häusern, die Burg, das Schloss – alles ist wahnsinnig pittoresk. Ich war bereits vor einigen Jahren hier und war sehr entzückt. Allerdings ist es das dann auch schon. Ein Kurztrip reicht also völlig aus um visuell übersättigt und beglückt zu sein.
Ich blieb also nicht lange in Meersburg, schaute mich nur um und fuhr dann weiter. Auch in Friedrichshafen blieb ich nur kurz und schaute mir den An- und Abreiseverkehr auf den Schiffen an. Landschaftlich ist die Strecke zwischen Meersburg und Friedrichshafen allerdings alles andere als toll. Wer Kilometer reißen will ist hier genau richtig. Oft fährt man an der stark befahrenen Bundesstraße entlang. Zwar auf parallel laufenden Radwegen, dennoch ist es nicht grad schön. Erst hinter Friedrichshafen wird die Route wieder besser und es finden sich bei Nonnenhorn und Langenargen ein paar schöne Plätze. Mit der Strecke zwischen Lindau und Konstanz kann sie aber nicht mehr mithalten.
Zugegeben, ich ärgerte mich ein wenig über mich selbst, dass ich nicht lieber die Seearme abgefahren bin statt der Strecke Meersburg – Lindau. Aber es war nun mal, wie es war und der Vorteil einer kurzen Endstrecke war, dass ich bereits mittags im Zug saß und somit den größten Andrang an Heimreisenden vermeiden konnte. Denn der ALX, welcher die Strecke bediente, konnte knapp 15 Fahrräder mitnehmen. Ein Witz an einem langen sonnigen Wochenende wie dem Himmelfahrtswochenende. Und so stapelten sich überall Menschen und Räder und einige konnten nicht einmal mehr mitgenommen werden.
Mein Fazit
Der Bodensee Radweg ist – auch wenn nicht alle Stecken traumhaft sind – ein schöner Radweg. Er hat kaum Steigung und bietet für jede Ausdauer Streckenabschnitte an. Ob man ihn nun sportlich in zwei Tagen umrundet oder nur einen Abschnitt fährt, es lohnt sich sehr.
Auch der Besuch von Bregenz und Konstanz ist lohnenswert und vor allem Konstanz bietet für Veganer*innen eine gute Auswahl an Restaurants. Wer sich zeitlich zwischen Strecken entscheiden muss, dem sei die österreichische und schweizerische Seite des Sees und die beiden Arme „Untersee“ und „Überlingersee“ empfohlen.
Weche Strecke ihr auch immer fahrt: Am schönsten ist es, den See im Uhrzeigersinn zu umrunden. Denn dann hat man den See immer auf seiner Fahrseite zur rechten.
4 Comments
Danke für den tollen Reisebericht und die schönen Bilder. Ich war das letzte Mal vor ungefähr 12 Jahren in Lindau. Und ich möchte so gerne mal wieder an den Bodensee. Na mal sehen, wann das klappt. Wenn auch nicht als Fahrradfahrerin. Aufgrund einer schweren Erkrankung ist das nicht möglich. Liebe Grüße, Renate
Liebe Renate,
zum Glück muss man ja nicht Radfahren um den See sondern kann alles auch zu Fuß und per Schiff erkunden. Ich hoffe, du kommst bald wieder an den Bodensee und hast dann eine ganz tolle Zeit.
Herzliche Grüße
Janine
Hallo Janine,
wow, ein wirklich toller Bericht zum Bodenseeradweg, ich mag vor allem die Bilder. Ich recherchiere gerade über den Bodenseeradweg, den ich selbst auch schon gefahren bin, und sammele ein paar Perspektiven. Vielleicht hast Du Lust, mir ein paar Fragen per E-Mail zu beantworten. Wäre das möglich?
Viele Grüße,
Markus
Hallo Markus,
gerne. Allerdings ist die Tour schon echt lange her. Mal schauen, woran ich mich erinnere. 🙂
LG Janine