
Einfach nachhaltiger: Haare waschen

Wenn wir über Afrika reden

Heute begeben wir uns in Sachen Nachhaltigkeit erneut ins Bad. Es geht um die richtige Zahnbürste. Das Bad durchzuschauen und nach und nach die Produkte umzustellen ist ein toller Schritt. Denn hier findet sich vieles, was ersetzbar ist. Wie man einfach nachhaltiger Haare waschen kann, habe ich euch ja bereits berichtet. Heute nehme ich mir ein weiteres Badezimmerthema vor: Das Zähneputzen.
Die Wahl der richtigen Zahnbürste
Ich weiß, hier scheiden sich die Geister. Die Eine ist Verfechterin der elektrischen/ultraschall Reinigung, die Andere putzt händisch und fährt gut damit. Ich bin überzeugt davon, dass eine manuelle Zahnreinigung meistens völlig ausreicht und man sich die Elektrogeräte dann wirklich sparen kann. Deshalb konzentriere ich mich zunächst mal auf nachhaltige Alternativen zur herkömmlichen Zahnbürste ohne Strom. Am Schluss komme ich auf elektrische Zahnbürsten noch mal zu sprechen.
Pro Jahr verbraucht bei einem Bürstenwechsel alle drei Monate jede von uns 4 Zahnbürsten – übrigens egal aus welchem Material, es gibt da manchmal seltsame Grafiken im Netz von wegen 1 Bambuszahnbürste ersetzt 4 aus Kunststoff. Aber gut, 4 Stück, das klingt erst einmal wenig, summiert sich über die Lebenszeit aber. Bei zähneputzenden 80 Jahren verbraucht jede von uns nämlich gut 320 erdölbasierte Zahnbürsten. Rechnet das mal auf die Bevölkerung Deutschlands hoch. Im Vergleich mit zB Coffee to go Bechern sicher keine riesige Menge. Aber irgendwie doch vermeidbar. Vor allem, weil Kunststoffzahnbürsten nicht in den Gelben Sack gehören, sondern in den Hausmüll (= verbrannt werden).
Ein klassischer short-use-Artikel also, den wir aber immer wieder kaufen müssen, denn ohne Mundhygiene geht es nun auch eher schlecht. Es braucht also eine bessere Alternative. Ich betone: bessere. Denn auch die alternativen Bürsten verbrauchen Resourcen, Energie und sind nicht 100% kompostierbar. Dennoch ist „besser“ ja immer der richtige Schritt.
Die Bambuszahnbüste
Zahnbürsten mit Bambusgriff sind wohl die gängigsten Alternativbürsten auf dem Markt. Bambus ist ein schnellwachsender Rohstoff und damit super geeignet. Ein Nachteil: Bambus wächst bei uns eher nicht in großen Mengen und so muss dieser Rohstoff importiert werden. Bevor man diesen Aspekt gleich als K.O Kriterium hernimmt, sollte man bedenken, dass auch die herömmlichen Zahnbürsten im Handel nicht in all ihren Substanzen und Fertigung made in Germany sind. Das mit den Erdölvorkommen ist schließlich kein deutsches Steckenpferd. Import ist wohl in allen Fällen derzeit nicht umgänglich.
Bleiben zwei Kriterien beim Import, nämlich der Erwerb von
- guten, möglichst abbaubaren Rohstoffen
- ökologisch und fair geförderten Rohstoffen
Bambus scheint mir da wesentlich besser zu sein als Kunststoff. Wenn der Bambus dann noch zertifiziert ist bzw unter fairen und ökologischen Bedingungen gepflanzt und gerodet wurde, dann sehe ich keinen Grund bei der derzeigen Wahlmöglichkeit auf Kunststoff zu bestehen. Zumal Bambus eine antibakterielle Eigenschaft besitzt und am Ende seines Zahnbürstenlebens auch verotten kann.
Was die Frage nach den Borsten angeht, hat Shia von Wasteland Rebel eine wirklich gute Übersicht (Stand 2017) aufgestellt. Möchte man nicht auf Schweineborsten zurückgreifen, bleiben nur die Borsten aus Nylon. Auch bei Smarticular findet sich eine gute Übersicht (Stand 2017) zu getesteten Bürsten. Es scheint, als habe sich aber inzwischen auch schon was auf dem Markt getan, denn laut Hydrophil aus Hamburg (Stand 2018) sind die Borsten an ihren Zahnbürsten ab sofort erdölfrei und 100% biobasiert und bestehen aus Rizinusöl.
Hydrophil schreibt dazu: „Die neuen Borsten enthalten – durch Zertifizierung nachgewiesen – ausschließlich biobasierten Kohlenstoffanteil. Sie bestehen aus dem umweltfreundlichsten Material, das aktuell verfügbar ist.“
Dennoch kann die Zahnbürste nicht einfach in den Biomüll.
„Leider können sie unter normalen Haushaltsbedingungen trotzdem nicht kompostiert werden. Deshalb empfehlen wir, die Borsten getrennt vom Griff zu entsorgen.“
Wir nutzen nun seit einem Jahr Bambuszahnbürsten und sind sehr zufrieden. Der Zahnarzt hat auch noch nichts zu bemängeln gehabt, es macht also keinen Unterschied in der Sauberkeit, ob man nun eine handelsübliche erdölbasierte oder eine ökologischere Bambuszahnbürste verwendet.
Für die Nutzung der Zahnbürste hier meine Tipps:
- Die Zahnbürsten am besten hängend aufbewahren. Es gibt tolle und schlichte Zahnbürstenhalter zum an die Wand kleben. So entsteht kein Schimmel durch Staunässe im Becher.
- Nach drei Monaten die Bürste gegen eine neue austauschen. Die alte Bürste kann jetzt noch zum Putzen in Haus und Garten verwendet werden.
- Vor dem Wegschmeißen, den Kopf abbrechen. Der Bambusstil geht in die Biotonne, sofern er nicht mit Farben behandelt wurde. Der Kopf kommt in den Hausmüll.
Die „arabische Zahnbürste“
Wem diese Variante nicht reicht: Es gibt eine 100% ökologisch abbaubare Zahnputzmöglichkeit: Den Miswāk Zweig oder Swak. Das ist die „arabische Zahnbürste“. Sie besteht aus einem Zweig des „Zahnbürstenbaumes“. In ihm befinden sich bereits alle nötigen zahnputzrelevanten Stoffe (Liste siehe Utopia), so dass man weder Wasser noch Zahnpasta braucht. Da der Baum nicht bei uns wächst, wird auch der Miswāk importiert, meist aus Pakistan. Auch hier ist es wichtig auf Herkunft und Art der Produktion zu achten.
Für das Zähneputzen mit dem Miswāk Zweig empfiehlt sich ein Wechsel alle 4 Wochen. Die Handhabung ist recht einfach, für Leute, die das Putzen mit einer europäischen Zahnbürste gewohnt sind, vielleicht anfangs gewöhnungsbedürftig.
Ob ein gehäufter Import den pakistanischen Markt ähnlich betreffen und zerstören würde, wie z.B bei den Waschnüssen aus Indien, kann ich nicht sagen, dazu habe ich nichts gefunden. Auch weiß ich leider nicht, in wie weit ökologische und faire Kriterien bei Anbau, Ernte und Versand in Pakistan eine Rolle spielen. Die von mir entdeckten Miswāk Zweige sind alle einzeln in Kunststoff verpackt gewesen. Also entsteht auch beim Kauf einer solchen „Bürste“ Müll.
Zahnbürstenalternativen ohne Holz
Da ich weiß, dass es unter uns auch Menschen gibt, für die die Vorstellung, Holz in den Mund zu nehmen ein Graus ist, hier meine Überlegungen zu holzfreien Alternativen: Zahnbürsten aus Biokunststoff.
Das Umweltbundesamt schreibt zu Biokunststoff (Stand 2012): „Biologisch abbaubare Kunststoffe für Verpackungen, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, haben insgesamt keinen ökologischen Vorteil. … Auch neuartige Kunststoffe wie Bio-Polyethylen, die unter anderem aus Zuckerrohr hergestellt werden, erfüllen diese Kriterien noch nicht in ausreichendem Maße. Ihre Herstellung muss noch weiter optimiert werden. Einen wesentlichen Beitrag kann dabei auch die Verwendung pflanzlicher Reststoffe leisten. Künftig könnten solche Kunststoffe aber Vorteile gegenüber herkömmlichen Kunststoffen aufweisen.“
So richtig gut kommt dieser Kunststoff also nicht daher. Er muss weiterhin in den Gelben Sack und wird verbrannt. Auch die aktuellere Stellungnahme (2018) der Verbraucherzentrale gibt kein grünes Licht für Biokunststoffe:
„Hersteller verleihen ihren Produkten gerne ein umweltfreundliches Image, indem sie die Verpackung als „grün“ oder „bio“ bezeichnen. Ob ein Biokunststoff allerdings unter Nachhaltigkeitsaspekten besser zu bewerten ist als ein herkömmlicher Kunststoff, lässt sich nur im Einzelfall mit aussagekräftigen Ökobilanzen entscheiden. … Biokunststoffe dürfen nicht zum sorglosen Umgang mit Verpackungsmüll verleiten. Die Verwendung von Mehrwegprodukten und der Verzicht auf verpackte Lebensmittel sind die bessere Alternative.“
Allerdings gibt es Hersteller, die damit werben, dass ihr Kunststoff besser ist als herkömmliche Produkte. So schreibt Bio Brush Berlin, dass in ihren Zahnbürsten nur noch geringe Mengen fossile Rohstoffe enthalten seien, dafür aber vor allem „Reste auf der holzverabeitenden Industrie“. Dennoch gehört diese Zahnbürste in den Gelben Sack und wird verbrannt. (Quelle: Biobrush Berlin)
Einen Schritt weiter geht zum Beispiel Tio.Care, deren Zahnbürsten ebenfalls aus Cellulose und Nylon hergestellt sein sollen. Ihre Bürsten sind mit einem Wechselkopf versehen und veringern somit den Müll, der beim Bürstenwechsel entsteht. Wer nun also gar kein Holz ertragen kann, der kann so zumindest einen kleinen Schritt gehen und umstellen auf eine Zahnbürste mit Wechselkopf. Es lohnt auf jeden Fall, den Markt zu durchstöbern und zu beobachten.
Elektrozahnbürsten
Jetzt aber doch: Die Elektrozahnbürste. Ich muss zugeben, dass es mir schwerfällt zu verstehen, warum man fürs Zähneputzen ein Elektrogerät benötigt. Dieses verbraucht Strom und darf nicht einfach über den Hausmüll entsorgt, sondern muss als Elektroschrott dem Recycling via Recyclinghof/Giftstoffmobil zugeführt werden.
Von der bereits oben genannten Marke Tio gab es bisher Aufsteckköpfe aus Biokunststoff passend für einige Oral B Elektrozahnbürsten. Ich habe sie erstmals in unserem Bioladen gesehen, in Onlineshops fand ich oft nur den Hinweis „derzeit nicht lieferbar“. Bei der Suche auf der Tio-Webseite fand sich sogar gar kein solches Produkt, weshalb ich per Mail einmal nachgefragt habe. Die Antwort kam prompt: „Liebe Janine, wir überarbeiten die Aufsteckköpfe momentan, sodass sie zur Zeit leider nicht verfügbar sind.“ (Stand 11/2018)
Es bleibt natürlich die Frage, ob Biokunststoff wirklich besser ist als der herkömmliche, da dieser Begriff eben nicht geschützt ist. Ob sich auf dem Markt in Sachen Ökobilanz und Fairness bereits mehr tut weiß ich leider nicht. Die Hersteller von elektischen Zahnbürsten Braun und Oral-B jedenfalls gehören zum amerikanischen Riesen Procter&Gamble und der glänzt immer mal wieder mit z.B. Preisabsprachen, Vertreibung indigener Völker, Mikorplastik in Produkten. Der Hersteller Phillips hat seinen Sitz in den Niederlanden und schreibt zumindest auf seiner Webseite über seine nachhaltigen Ziele bis 2020 (was ja dann bald soweit ist). Erwähnt aber gleichzeitig, dass er noch am Anfang stehe. Wie weit sie nun tatsächlich gekommen sind, konnte ich nicht feststellen. Ich habe da einige Zweifel, was die Arbeitsbedingungen und die Langlebigkeit angeht, lasse mich aber auch gerne eines besseren belehren.
Es wäre jedenfalls sinnvoll, wenn es auch für Nutzer*innen von Elektrozahnbürsten Konzepte für faire Arbeitsbedingungen und einen nachhaltigen Kreislauf der Materialien geben würde. Damit man sich nicht alle drei Jahre ein neues Gerät kaufen muss.
Tipps zum Gebrauch der elektrischen Zahnbürste:
- So noch nicht geschehen, zu Ökostrom wechseln. Damit verbraucht man zumindest sauberen Strom.
- Nutzt die Zahnbürste lange, wirklich lange. Egal, ob es schon tollere, ergonomischere, schickere … Modelle auf dem Markt gibt. Denkt immer daran: Primäres Ziel aller Firmen ist der Verkauf, nicht das Wohlbefinden des Kunden.
- Sollte eure Zahnbürste einmal nicht mehr funktionieren, werdet ihr vermutlich keine Reparaturhilfe seitens der Firmen bekommen, denn Reparaturen sind in der Regel nicht vorgesehen. Auch selbst reparieren kann problematisch sein, wenn der Akku zb fest verbaut (also kein Wechsel vorgesehen) ist. Aber deshalb muss sie nicht zwangsläufig auf den Müll. In vielen Orten gibt es regelmäßig sogenannte „Repair Cafés“ in denen begnadete TüftlerInnen gegen Spende viele Geräte/Dinge retten können. Finden kann man sie zB auf der Seite von RepairCafé. Einen Versuch ist es immerhin wert.
- Müsst ihr die Zahnbürste tatsächlich irgendwann entsorgen, weil zB nicht mehr reparabel: Entsorgt sie korrekt als Elektroschrott.
Für heute soll es das erstmal gewesen sein. Über Zahnpasta und Mundhygiene schreibe ich ein andern mal. Sonst wird das doch zu viel.
Wie haltet ihr es mit Alternativen zur normalen Zahnbürste? Habt ihr Erfahrungen, Empfehlungen? Mich würde das sehr interessieren. Und wenn ihr mehr zur Herstellung von elektronischen Zahnbürsten unter fairen Bedinungen wisst oder gar Anbieter solcher Zahnbürsten kennt, würde ich mich sehr freuen, wenn ihr mir das erzählt. Dann kann ich das ergänzen.
4 Comments
Super Zusammenfassung.
Meine Tochter und ich sind vor etwa einem halben Jahr umgestiegen auf Bambuszahnbürsten. Eigentlich wollten wir es testen .. wir sind dann einfach dabei geblieben.
Die Männer sind noch elektrisch unterwegs und wenn die Geräte dann irgendwann mal ex gehen, werde ich mich weigern neue zu kaufen.
Mal sehen, was dann passiert!
LG
Susanne
Ui Susanne, da bin ich aber gespannt, wie deine Männer das aufnehmen. Bei uns ist es aber auch so, dass vor allem mein Mann immer erstmal schaut, was wir da neues probieren und wenn es taugt, nachzieht.
LG Janine
Hallo Wolkenguckerin,
vielen Dank für den Hinweis zu den Aufsteckköpfen. Diese sind jetzt wieder erhältlich und ich habe mir direkt ein paar bestellt. Deine Seite war die einzige, auf der ich einen Hinweis auf solchen Bürstenköpfe gefunden habe. Danke dafür.
Die Bürstenköpfe funktionieren einwandfrei. Mal sehen, wie lange sie halten.
Beste Grüße
Alexander
Lieber Alexander,
wow super. Das freut mich richtig. Auch deine Erfahrung. Ich nutze die ja nicht, daher ist es um so toller, wenn jemand berichtet, ob sie gut oder schlecht sind. Danke dafür.
LG Janine