Ich habe mich über die Bereitschaft von Lucia ein Interview zu führen, sehr gefreut. Sie ist 17 Jahre alt und bereits sehr engagiert. Damit ist sie für mich ein Beispiel für viele Jugendliche und junge Erwachsene, die ihre Zukunft selbst mitgestalten wollen. Auf Instagram ist sie unter lucia_wgr aktiv.

Hallo Lucia. Stell dich doch bitte kurz vor. Wieviel Zeit hast du zur Verfügung? Und ist dir der Hang zum Engagement schon in die Wiege gelegt worden?

Mein Name ist Lucia Wagner, ich bin 17 Jahre alt und komme aus Mainz. Zu viel Zeit habe ich definitiv nicht! Engagement ist (zumindest in meinem Fall) übertrieben zeitraubend und nebenbei versuche ich ja auch irgendwie die Oberstufe zu schaffen, mein Sozialleben am Leben zu erhalten und vielleicht ab und zu mal Sport zu machen oder im Haushalt zu helfen. Ich weiß nicht, ob ich sagen würde, dass mir das Engagement in die Wiege gelegt wurde, aber ich habe auf jeden Fall früh angefangen, mich – wenn auch damals nur in kleinem Format – zu engagieren.

Wo engagierst du dich und wie bist du überhaupt zu deinem Engagement gekommen?

Ich bin Schülersprecherin meiner Schule und Bundesdelegierte der Landesschüler*innenvertretung Rheinland-Pfalz. Das bedeutet, dass ich mich für die Rechte und Interessen der Schüler*innen einsetze und versuche, Schule zu gestalten – lokal und auf Landesebene.

Schon in der Grundschule habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir Klassensprecher*innen gewählt haben, das war ich dann im Laufe meiner Schulzeit auch selbst immer wieder. Nach und nach habe ich auf dem Gymnasium dann angefangen die Leitung einiger Ausschüsse oder AGs zu übernehmen, bis ich für die SV kandidiert habe. Dann erst habe ich überhaupt erfahren, dass es eine Schüler*innenvertretung auch auf Stadt-/Kreis- und Landesebene gibt.

Durch eine Reihe an Zufällen bin ich dann auf der Landesschüler*innenkonferenz gelandet, wo ich mich total beeindruckt und begeistert in den erweiterten Landesvorstand habe wählen lassen. Und nach einem halben Jahr reinschnuppern in die LSV dann für den Landesvorstand aufgestellt habe. Nach Ende meiner Amtszeit im Landesvorstand konnte ich die LSV aber noch nicht gehen lassen und habe mich für die Bundesdelegation aufgestellt, in die ich glücklicherweise auch gewählt wurde. Ähnliches ereignete sich mit der SV, in die ich jetzt auch zum zweiten Mal gewählt wurde.

Wie viel Aufwand ist das eigentlich? Braucht man dafür nicht viel Zeit?

Oh, ja, absolut! SV und vor allem LSV Arbeit sind super zeitintensiv, wenn man sie ordentlich machen will. Der einzige Weg ist, Prioritäten zu setzen und sich die Zeit zu nehmen. Da fallen Hausaufgaben dann hinten runter, Freund*innen muss öfter mal abgesagt werden und Schlaf bekommt man sowieso nicht mehr genug, aber man gewöhnt sich dran 😉

Braucht man für das, was du tust bestimmte Voraussetzungen?

Hohe Belastbarkeit, Interesse, Zeit, Flexibilität, Zuverlässigkeit, Gestaltungswille und viel mehr, aber nein, das kommt alles mit der Zeit, zunächst braucht man lediglich Motivation und den Willen, was zu verändern.

Was fehlt ganz besonders, wenn du an dein oder allgemein an Engagement denkst?

Anerkennung. Tatsächlich würde ich im Allgemeinen sagen, dass es kaum wertgeschätzt wird, wenn man sich für irgendwas einsetzt. Viel mehr belächelt als wenigstens respektiert.

Und im Kontext LSV fehlt es seitens der Politik leider oft an ernsthafter Wahrnehmung: Wir sind die Vertretung von ca 410 000 Schüler*innen in Rheinland-Pfalz und bildungspolitische Entscheidungen werden leider viel zu oft über unseren Kopf hinweg getroffen.

Würdest du sagen, das Engagement hat dich verändert? Bist du ernüchtert? Oder fühlst du dich bereichert?

Aber hallo! Nichts hat mich bisher so geprägt oder mir so viel Spaß gemacht wie meine LSV Zeit! Es ist unfassbar, was man mitnimmt! All die Einblicke in die Politik, Erfahrungen und Fähigkeiten! Ein ganz anderes Selbstbewusstsein, Rhetorik, verhandeln, überzeugen, organisieren und planen, netzwerken, vor wirklich großen Menschenmengen oder den Medien sprechen, sich selbst organisieren oder motivieren und so viel mehr – das lernt keine*r in der Schule! Und bereichernd sind vor allem die Menschen, mit denen man zusammen arbeitet, die zu wirklich guten Freund*innen werden <3

Vervollständige bitte folgenden Satz: Engagement ist wichtig, weil …

… wir Menschen brauchen, die sich für andere einsetzen und unsere Welt mitgestalten.

Ich sage ganz lieben Dank für deine ehrlichen Antworten. Und Hut ab vor deinem Engagement. Wir brauchen ganz viele junge Menschen, die sich auf allen Ebenen einbringen. Ich wünsche dir, dass du ernstgenommen und gehört wirst.