Südfinnland bereisen ohne Auto und Flugzeug
Interview mit Martin Balas über Tourismus und Nachhaltigkeit
Schon länger wollte ich erzählen, wie es uns als Familie so ohne Auto im Alltag ergeht. Gut 1,5 Jahre nach dem Verkauf unsres Caddys erschien mir ein guter Zeitpunkt gekommen zu sein, endlich hier darüber zu schreiben. Doch bevor ich irgendwelche Dinge erzähle, die ihr eh schon wisst oder für euch unwichtig sind, wollte ich lieber hören, was euch für Fragen unter den Nägeln brennen. Also habe ich auf Instagram gefragt, was für Fragen ihr zu diesem Thema habt und war begeistert von euren Rückmeldungen. Ihr habt viele Fragen gestellt und einige davon wären mir selbst gar nicht eingefallen, obwohl sie richtig wichtig sind.
Damit hier die Übersichtlichkeit nicht verloren geht, habe ich alle Fragen in Kategorien sortiert und werde sie Blockweise beantworten. Ich hoffe, eure Fragen sind am Ende dieses Beitrages beantwortet. Wenn nicht, fragt mich einfach weiter aus.
Die Rahmenbedingungen
Als erstes möchte ich euch die Rahmenbedingungen erläutern, in denen wir Leben. Denn die sind wirklich wichtig bei der Frage: Klappt ein Leben ohne Auto? Schließlich macht es einen riesigen Unterschied, ob man in einer Stadt oder einem kleinen Dorf wohnt, wer wohin zur Arbeit muss und wie die Anbindungen so sind.
Wir leben zu fünft in einem 11.000 Einwohner Ort gut 20 km außerhab Münchens. Der Ort hat eine S-Bahn Anbindung in die bayr. Landeshauptstadt und eine recht gute Infrastruktur. Wir sind bewusst hierher gezogen, da mein Mann keine Zeit mit der Fahrt zur und von der Arbeit verschwenden wollte. Seine Firma ist 7 km von uns entfernt und er fährt meist per Rad dort hin (auch zu Zeiten, als wir noch ein Auto besaßen), kann aber auch mit den Öffis fahren. Ich selbst studiere teilzeit an der Fernuni in Hagen und bin die andere Hälfte des Tages Mutter. Das heißt, ich muss jobmäßig derzeit nirgendwo hin. Unsere drei Kinder sind zwischen 8 und 16 Jahre alt.
Wir leben seit 14 Jahren zusammen und hatten in diesem Zeitraum 4 Jahre lang ein Auto. Genauer gesagt zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr unserer jüngsten Tochter. Damit weiß ich sowohl, wie ein Leben ohne Auto mit sehr jungen als auch mit älteren Kindern ist. Klar ist, die Umstände ändern sich je nach Alter der Kinder und somit auch die Herausforderungen im Alltag.
Mobilität allgemein
Ihr hattet viele Fragen zur Mobilität allgemein gestellt. Denn für viele ist klar: Ohne Auto auf dem Land geht auf keinen Fall, weil der ÖPNV schlecht ausgebaut und unzuverlässig ist. Und da habt ihr auch recht. Gerade kleine Orte sind unfassbar schlecht vernetzt. Unser Ort ist schon noch ländlich, aber dennoch gut angebunden. Und genau danach haben wir unsere Wohnorte die letzten 14 Jahre ausgewählt. Obwohl ich sehr gerne sehr ländlich in einem freistehenden Haus wohnen würde, haben wir uns dagegen entschieden um kein Auto (oder schlimmstenfalls ein Zweitauto) besitzen zu müssen.
In unserem Fall ist es so, dass neben der S-Bahn, die im 20 Minuten Takt in Richtung Stadt fährt, noch ein paar Busse fahren, die wir aber selten nutzen. Die S-Bahn München ist leider alles andere als günstig im Außenraum und auch nicht sehr zuverlässig. Über sie könnte man sicher eher verzweifeln als über den allgemeinen Bahnverkehr. Allerdings haben wir uns damit soweit arrangiert. Der regelmäßige Blick auf die App, ob es zu Störungen kommt und genug Zeitpuffer in unsere Fahrten sind Routine. Da mein Mann lieber Rad fährt ist es sehr selten der Fall, dass S-Bahnausfälle und Störungen für uns zu einem schwerwiegenden Problem werden. Auch die Schule unserer ältesten Tochter ist zusätzlich noch per Schulbus anfahrbar. Die anderen beiden Kinder gehen im Ort zur Schule. Und wenn ich in die Stadt muss, plane ich immer genügend „was wenn“ Zeiten ein.
Wenn wir nicht S-Bahn fahren, nutzen wir das Fahrrad. Es hat bei uns tatsächlich den Stellenwert eines Autos, wird gepflegt und hat entsprechende Qualität, damit wir ohne Rückenschmerzen oder kräftezehrendem Strampeln weite Strecken fahren können. E-Bikes haben wir nicht. Ich weiß gar nicht, wie mein Mann dazu steht aber ich selbst mag kein E-Bike haben, so lange ich noch fit genug bin. Mit dem Fahrrad kommen wir dort hin, wo wir mit der S-Bahn nicht hinkommen würden und fahren auch oft S-Bahnstrecken lieber mit dem Rad, weil man flexibler ist. Auch umgeht man so Störungen und billiger ist es eh. Zu unserem Fuhrpark gehört übrigens auch ein Lastenanhänger, den wir gekauft haben, nachdem der Kinderradanhänger nicht mehr nötig war. Mit beiden Anhängern konnten und können wir viel Gepäck transportieren und Einkäufe erledigen.
Carsharing haben wir tatsächlich noch nie genutzt. Hier im Ort gibt es das nicht und wir leihen uns im Zweifel ein Auto über die Firma meines Mannes, was günstiger ist, als die normalen Autovermietungen. Das kam im letzten Jahr vier mal vor, glaube ich. Und weil jemand fragte: Für Umzüge habe ich früher einen Sprinter gemietet, die letzten zwei Umzüge mit Kindern haben wir allerdings machen lassen. Da waren die Kinder zu klein und unsere Nerven zu dünn um alles selbst zu machen.
Ein Auto leihen ist für uns ok, aber keine regelmäßige Handlung. Wir schauen immer zuerst, ob wir per Bahn und Bus reisen können und klären bei Bedarf Mitfahrgelegenheiten ab. Wenn wir aber zum Beispiel alle fünf eingeladen sind und der Ort öffentlich nicht erreichbar ist, dann leihen wir eben ein Auto. Es ist für uns die letzte Option.
Was kostet das an Lebenszeit?
Diese Frage haben auch sehr viele von euch gestellt. Und ich finde sie mit Abstand die spannenste. Was kostet es an Lebenszeit, wenn man auf ein Auto verzichtet?
Klar ist, dass bestimmte Dinge einfach mehr Zeit kosten, wenn man dafür das Rad oder die S-Bahn benötigt, statt einfach mal ins Auto zu springen. Zum Schwimmbad zum Beispiel brauchen wir dank ungünstiger Anbindungen bzw. weiter Radstrecke wirklich viel länger. Auch zu IKEA und zum Baumarkt dauert es länger. Allerdings lässt sich das nicht pauschal bei allem sagen. Mein Mann braucht nicht so extrem viel länger per Rad zur Arbeit, weil die Straßen morgens oft voll sind. Zum Einkaufen brauchen wir auch nicht wesentlich länger, weil auch hier der Ort vollgestopft ist mit Autos und wir zu Fuß oder per Rad an den Rückstaus vorbei fahren/gehen können. Und in die Stadt würde ich gar nie mit dem Auto fahren, daher nehme ich diese Strecke aus der Rechnung raus.
Natürlich habe es es nie zeitlich ausgerechnet, aber subjektiv habe ich jetzt tatsächlich mehr Zeit. Denn als wir noch ein Auto hatten, passierte ständig folgendes: „Ach jetzt wo wir unterwegs sind, lass uns doch schnell noch mal dahin fahren.“ „Ich mach das mal schnell eben noch vorm Kinder abholen und fahr kurz rum.“ „Klar bringe ich dir deine vergessenen Sachen, ich komm gleich vorbei.“ Besonders ich, die ich ja das Auto hatte, habe mir immer mehr „mal eben schnell“ To-Do’s aufgeladen.
Jetzt ohne Auto geht es einfach nicht. Ich kann nicht mal eben zum IKEA fahren, nicht mal schnell was vorbei bringen oder jemanden irgendwo spontan abholen. Und damit habe ich viel weniger zu tun am Tag. Für mich hat sich das Leben entschleunigt und die Zeit, die dann bleibt, die geht dann eben für langsames Einkaufen oder langsame Anreise drauf. Und weil klar ist, dass bestimmte Dinge (abholen, vergessenes hinterher bringen) nicht gehen, arrangieren sich alle damit. Es gibt eben kein Backup.
Organisatorisches im Alltag
Wo ich jetzt schon von Einkäufen gesprochen habe, weite ich dieses Thema noch aus. Zum Glück haben wir inzwischen alles für den Alltag im Ort. Drogerie, Bäckerei, Supermärkte, Bioladen, Getränkeladen, Ärzte, Friseure, Schulen, Kindergärten. Das war eine Weile nicht so (kein Bioladen, keine Drogerie) und damals doch etwas aufwändiger. Dann ist mein Mann oft nach der Arbeit noch rumgefahren und hat auf dem Heimweg ein paar Dinge gekauft. Manchmal hat er dann auch vergessene Dinge mitgebracht oder wir sind für den Becher Sahne um 19:30 am Samstag noch zum Penny um die Ecke gelaufen.
Bioprodukte haben wir bis 2018 außerdem über die Biokiste aus München bezogen, da es keinen Bioladen vor Ort gab. Inzwischen haben wir aber eine Drogerie und auch neuerdings einen super genialen Bioladen und das macht uns das Leben natürlich einfacher. Wir benötigen weder die Biokiste noch muss man Mann abens noch einen Umweg fahren.
Eine Zeit lang haben wir tatsächlich probiert, Großeinkäufe zu tätigen. Das ist von der Mobilität her auch möglich dank Lastenanhänger und Leichtlaufbollerwagen. Aber wir bekommen es einfach nicht hin. Also kaufen wir Samstags etwas größer ein und ich gehe dann noch 1-2 Mal die Woche fehlende Dinge kaufen. An dieser Stelle wäre unser Organisation (vor allem Essensplanung) wirklich ausbauenswert. Am fehlenden Auto liegt es allerdings nicht. Sollte unsere Zeit für Einkäufe weniger werden, wird sich das sicher ändern. Aber so lange ich dafür Zeit habe wohl eher nicht.
Außergewöhnliche Ereignisse
Wenn es im Alltag läuft, wie ist dann in Außnahmesituationen? Wenn die Kinder (oder man selber) schwer krank werden? Wir kommt man zum Arzt oder ins Krankenhaus?
Tatsächlich kam dieser Fall schon vor und wir haben ihn unterschiedlich gehandhabt. Ins Krankenhaus sind wir tatsächlich schon per Taxi gefahren. Weil unser Kleinkind Magen Darm hatte und sich so oft übergab, dass wir Sorgen hatten. Es haben auch schon einmal Nachbarn angeboten, uns zu fahren. Und als meine Älteste Hüftschnupfen hatte und nicht laufen konnte, habe ich sie per Schlitten zum Arzt gezogen. Ein Glück, dass Winter war. Auch zu den Geburten sind wir per S-Bahn oder Taxi hin und zurück gefahren. In den ganzen 14 Jahren gab es aber keinen einzigen Fall, der so schlimm war, dass das Auto gefehlt hätte.
Inzwischen sind alle Kinder so alt, dass sie auch hier im Ort zum Allgemeinmediziner gehen können, wenn sie krank sind. Das macht die Sache natürlich einfacher als die Fahrt mit der S-Bahn zum Kinderarzt, der einige Stationen von uns entfernt praktiziert. Ihn haben wir übrigens behalten, trotz Kinderarzt im Ort, weil wir ihn sehr schätzen.
Weitere Außergewöhnliche Ereignisse wären zum Beispiel, wenn wir große Dinge kaufen müssen/wollen. Gleich nachdem wir unser Auto verkauft hatten, brauchte unsere Jüngste einen Kleiderschrank. Diesen haben wir uns dann eben liefern lassen, das geht sogar beim IKEA. Die Wandfarbe für unsere Renovierungsarbeiten haben wir gekauft, als wir eh gerade ein Auto geliehen hatten. Und genau so verfahren wir mit Dingen wie Säcke voll Erde kaufen oder Sperrmüll wegbringen. Wir haben es auf dem Schirm, und wenn mein Mann zum Beispiel ein Auto leihen muss für eine Dienstreise, planen wir eine Fahrt mit ein. Aber so oft kommt das nicht vor. Einmal im Jahr Gartenerde, einmal im Jahr Sperrmüll und die Farbe reicht vermutlich bis zum Auszug. Vieles kann ich aber auch gut mit dem Lastenanhänger holen.
Die Kinder
Ihr hattet außerdem nach den Kindern gefragt und wie sie das Leben ohne Auto finden. Gerade, weil sie es ja kennen, ein Auto zu besitzen. Dazu muss ich sagen, dass die Großen schon ein Leben ohne Auto kannten, bevor wir eines hatten, denn in den letzten 14 Jahren hatten wir nur 4 Jahre ein Auto.
Nur die Jüngste hat ihre meisten Lebensjahre mit Auto verbracht und sie hat auch am lautesten gemeckert. Gleichzeitig sind alle drei Kinder lauffaul und zumindest beide Mädchen eher nicht radfahraffin. Eine ungünstige Kombination. Sie haben sich aber ihren Bewegungsradius selbst ausgesucht und machen trotzdem, was ihnen gefällt. Denn auch mit Auto war für mich klar: Ich spiele nicht Mamataxi. Es gibt genug (wenn auch nicht alles) an Sport- und Musikangeboten im Ort oder in den Nachbarorten und ab einem gewissen Alter müssen sie dort alleine hinkommen. Vor allem unser Sohn ist da sehr umtriebig und viel unterwegs. Die Mädchen haben weniger Lust auf Vereine.
Wir haben sie übrigens nicht gefragt, was sie davon halten, dass wir unser Auto verkaufen. Wir Erwachsenen haben das durchgesprochen und es ihnen dann erzählt. Die Jüngste hat zwar etwas gejammert, weil jetzt alles viel anstrengender würde. Aber im Großen und Ganzen haben sich alle drei damit einfach arrangiert. Inzwischen sagt die Jüngste auch nicht mehr: „Schade, dass wir kein Auto mehr haben.“
Reisen und Ausflüge
Ein spannender Aspekt ist ja immer das Verreisen und Familie/Freunde besuchen ohne Auto. Geht das eigentlich? Wie spontan können wir noch sein bze. wie eingeschränkt sind wir?
Unsere Familie wir sehr gut ohne Auto besuchen, weil alle in Orten mit Bahnhöfen wohnen. Ganz früher haben uns die Verwandten dann gerne von der letzten Station abgeholt und den Rest des Weges gefahren. Inzwischen sind die Kinder alt genug und wir laufen die 15 Minuten zu Fuß. Bei unseren Freunden ist es meist änhlich. Viele wohnen in der Nähe, dahin können wir radeln oder mit der S-Bahn fahren. Einige wohnen weiter weg, aber diese Stecke legen wir per ICE zurück. Nur eine Freundin wohnt leider sehr weit draußen und dorthin kommen wir tatsächlich nicht gut und mussten uns für die Kommunionseinladung ein Auto leihen, weil man zu fünft schlecht bei einer MFG mitgenommen werden kann.
Unsere Urlaube legen wir so, dass wir ebenfalls mit dem Zug anreisen können und im Falle unseres Finnlandurlaubs waren wir auch überhaupt nicht an einem Ort gebunden, sondern reisten per Bahn und Bus von Ort zu Ort. Wie so ein Urlaub aussieht und was man anders planen muss, könnt ihr gerne im Blogbeitrag zur Reise nach Finnland nachlesen.
Die Frage nach der Spontanität ist interessant. Macht der Verzicht aufs Auto unspontan? Ja klar, es muss ja dann doch auf die Abfahrtzeiten der Züge und die Möglichen Ziele geachtet werden. Wenn man wirklich spontan ist, ist das bestimmt problematisch. Aber Hand aufs Herz. Fünf Tage die Woche ist hier nichts mit Spontanität. Am Wochenende haben die Kinder oft etwas vor. Zudem sind wir fünf Personen mit unterschiedlichen Vorstellungen von einem guten Ausflug. Dann soll noch das Wetter passen. Also die Frage nach Spontanität ist tatsächlich nicht relevant für uns. Wir sind einfach nicht so spontan. Und was haben wir mit Auto schon im Stau gestanden, weil alle so spontan in die Berge wollten. Dann lieber geplant und jenseits der Straßen.
Nachtrag
Ich möchte noch etwas zu euren Fragen nachtragen. Denn mir sind noch zwei Dinge eingefallen, die ihr nicht gefragt habt, die aber auch wichtig sind.
Das eine ist die Frage des Geldes. Ist ein Leben ohne Auto billiger oder teurer? Bahnfahren ist ja nun nicht gerade günstig, auch die S-Bahn Tickets kosten ordentlich. Und so ein Auto zu leihen ist ebenfalls ein Kostenpunkt. Wir haben das nie extakt durchgerechnet. Aber tatsächlich geht es unserem Konto seit dem Autoverkauf wesentlich besser. Es entfallen die Versicherung und die Steuer. Die Reifenwechsel und Wartung. Keine Schäden mehr, die man zahlen muss und keine Spritkosten. Für uns und unser Leben ist der Verzicht aufs Auto also tatsächlich ein finanzieller Gewinn.
Der zweite Punkt, der mir einfällt und der nicht gefragt wurde: Wie stehst du zum Auto generell? Denn wie ihr ja jetzt gelesen habt, nutzen auch wir die Vorzüge eines Autos, wenn wir sie brauchen. Das ist es auch, wie ich Autos nutzen möchte. Autos an sich verteufel ich nicht. Sie sind ja durchaus nützlich. Aber eines zu besitzen machte mich extrem faul und ich nutzte es auch für Stecken, die ich locker mit Öffis oder Fahrrad zurücklegen hätte können. Wenn man also das Auto nutzt, wenn es nötig ist und ansonsten drauf verzichtet, dann ist das ein großartiger Schritt.
Ob man ganz auf ein Auto verzichten will und kann, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Jede einzelne muss für sich überprüfen, ob und wo ein Verzicht machbar ist. Unsere Situation ist keine allgemeingültige sondern eine Lebensform, in der es möglich ist, ohne eigenes Auto zu leben. Wir haben Bedingungen geschaffen (z.B Wohnort, Art des Reisens, Hobbies), um auf das Auto zu verzichten.
Ich glaube, dass viel mehr Menschen auf ihr Auto (temporär) verzichten könnten, als sie denken. Immerhin leben 11.000 Menschen in dem gleichen Ort wie wir, einige davon könnten für Wege im nahen Umfeld ihr Auto stehen lassen. Das tun aber die allerwenigsten. Ich kenne jedenfalls niemanden, der kein Auto besitzt. Und viele, die für ihre Sonntagsbrötchen ins Auto steigen.
Mir ist klar, dass wir in Deutschland so sehr an unsere Autos gewöhnt sind, dass der Schritt für die meisten nicht einfach so gehbar ist. Zu wenig sind Alternativen bekannt. Zu sehr wird aufs Auto verzichten mit Einschränkung gleichgesetzt. Deshalb finde ich es schon großartig, wenn jede für sich schaut, wo sie ihr Auto stehen lassen und welche Stellschrauben einen teilweisen Verzicht möglich machen könnten. Denn der Verzicht aufs Auto spart Geld, hilft der Umwelt und ist gesund für den Körper. Wer braucht schon eine Mitgliedschaft im Fitnesscenter, wenn er täglich radelt und zu Fuß geht?
13 Comments
Vielen Dank für den grossartigen Beitrag. Wir leben auch schon sehr viele Jahre autofrei, allerdings ohne Kinder aber mit Hund. Zur Arbeit fahren wir mit dem Rad, einkaufen zu Fuß oder Rad, Unternehmungen auch schon mal mit Bus und Bahn. Was bei dem Zeitfaktor gerne vergessen wird, sind die Kosten des Autos. Wieviel mehr müssen die Menschen arbeiten, um sich ein Auto leisten zu können? Das wird nämlich sehr gerne vergessen. Wir brauchen beide keinen Vollzeitjob, weil ein sehr großer Kostenfaktor wegfällt.
Ich hoffe sehr, dass mehr Menschen über Alternativen zum eigenen Auto nachdenken und sehen, dass es auch ohne geht.
Was vielleicht auch noch erwähnt werden sollte, ist die Tatsache, dass das Auto auch eine tödliche Waffe ist, die viele Menschen leider nicht beherrschen. Ich habe eine Klassenkameradin durch einen Autounfall verloren und im letzten Jahr ist ein Kind aus meinem Anerkennungsjahr auf dem Weg zur Schule überfahren worden. Die vielen Verkehrstoten jedes Jahr sind für mich auch ein Grund, auf ein Auto zu verzichten.
Liebe Daniela,
der Punkt Geld zu sparen und damit weniger arbeiten zu können war mir tatsächlich nicht bewusst. Wir beobachten unser Konto ja schon eine Weile und können noch nicht ganz fassen, wie viel mehr am Ende über bleibt. Denn man meint ja immer, so teuer ist das Auto gar nicht. Aber es ist eben nicht allein der Sprit.
Konntet ihr Arbeitszeit reduzieren?
Dass Autos auch gefährlich sind, ist richtig. Gestern erst habe ich einen Artikel über die katastrophalen Verhältnisse für Radfahrer in Aachen gelesen und wie irrsinnig da um den Autoverkehr herumgeschwänzelt wird. Wenn man die Innenstädte autofrei bekäme, wie toll wäre das. Natürlich nur zuammen mit Maßnahmen zur schnellen Anreise in die Städte. Man kann ja nicht den Verkehr verbieten und gleichzeitig keine Alternativen anbieten.
Liebe Grüße
Janine
Wow! Ich bin sprachlos. Und du hattest vollkommen recht, dass so viele komplexe Sachen hinzukommen (vor allem mit Kindern), die ich gar nie bedacht hätte.
Dein Denkanstoß am Schluss hat mich einmal mehr schmerzlich daran erinnert, wie verwöhnt wir in Deutschland sind. Natürlich habt ihr euch durch die Planung, wohin man zieht, einiges an Problemen ‚erspart‘, denn ein größerer Ort eignet sich immer besser als ein Dorf. Trotzdem ist es zu schade, dass der ÖPNV dort nicht ausgebaut ist.
Danke auf jeden Fall für deinen Beitrag! Es gibt mir einmal mehr die Motivation, weiterhin ohne Auto auszukommen.
Liebe Grüße (:
Ach das freut mich aber, dass dich mein Beitrag motiviert. Und der fehlende ÖPNV auf dem Land ist ein ernsthaftes Problem. Ich wüsste so gerne, wie das auf dem Land läuft. Versuchen BügerInnen, die sich ja auch darüber beschweren oder es als Argument nehmen für ein Auto/Zweitauto, in ihren Gemeinden dafür zu sorgen, dass der ÖPNV ausgebaut wird oder nehmen sie den status quo hin und nehmen dann eben das Auto?
Es macht ja fast keinen Sinn über kostenlosen Nahverkehr in Städten zu reden, während etliche Bürger nur 2x pro Tag ihr Dorf per Bus verlassen könnten.
Ganz liebe Grüße
Janine
Wir wohnen etwas außerhalb einer Stadt und sind leider nicht an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen. Aufs Auto komplett zu verzichten würde bedeuten, dass wir umziehen müssten. Und da wir aktuell sehr wenig Miete bezahlen, müssten wir in anderer Lage monatlich mind. 400-500€ mehr Miete bezahlen. Das ist leider nicht drin. Aber dennoch versuche ich gerade jetzt, wenn das Wetter immer besser wird, vieles mit dem Rad zu erledigen (Bei Regen bin ich ehrlich gesagt mit zwei kleinen Kindern noch zu bequem).
Hallo Kerstin
In dem Moment, wo der ÖPNV nicht gegeben ist, wird aufs Auto verzichten wirklich schwer bis unmöglich. Deswegen umzuziehen ist ja auch Quatsch. Wir haben es halt von Anfang an immer so gehalten den Wohnort danach auszusuchen. Ich hoffe, das kam jetzt auch nicht so rüber.
Und jeder nichtgefahrene Meter ist großartig.
Übrigens war ich bei Regen auch immer zu bequem, das Rad zu nehmen als wir ein Auto hatten. Als wir ohne Auto mit 2 Kindern lebten blieb mir keine Wahl und schwups war es gar nicht so schlimm die Kinder im Regen zum Kindergarten zu radeln. Die richtige Kleidung hilft. Das nur als Bestätigung, dass eben so ein Auto verlockt, bequem zu sein. Was ich gar nicht schlimm finde. 🙂 .
Ganz liebe Grüße
Janine
Danke für diesen großartigen Beitrag. Er macht mir Mut bzw. bestätigt mich, dass wir wahrscheinlich in absehbarer Zeit, vielleicht sogar nie, ein Auto brauchen werden. Denn im Gegensatz zu euch genieße ich einen gut vernetzten Hbf in 15 Minuten Fußweg und die Vorzüge der Innenstadt. Beitrag auf Insta wird später noch geteilt, passt perfekt da bei mir heute auch ein paar Gedanken zum Thema einkaufen ohne Auto gepostet werden 🙂 dein Blog und Insta ist für mich eine der größten Bereicherungen im www. Ich hoffe das weißt du!
Liebe Johanna, also jetzt bin ich sprachlos. So ein großes Kompliment.
Ich beneide dich übrigens kein bisschen um den Hbf und die Innenstadt, mir sind Städte suspekt. Nur die Auswahl an veganen Köstlicheiten (wie neulich dieses Fettgebäck), die hätte ich gerne 😀
Liebe Grüße von Herzen
Janine
Schöner Artikel, und besonders gefällt mir, dass du die Rahmenbedingungen sehr genau erklärst. Wir ziehen nächsten Monat aufs Land, haben aktuell ein Auto, und ich will versuchen so lange wie möglich mit dem auszukommen. Es gibt allerdings nur sehr miserablen ÖPNV, und spätestens wenn ich wieder arbeite wird es wohl auf Autofahren hinauslaufen, und dann wohl auch auf ein zweites Auto, weil mein Mann zwar meistens von zu Hause arbeitet, aber nicht immer, und wenn er das Auto braucht, kann ich ja nicht Urlaub nehmen. Aber ich will so viel wie möglich mit dem Fahrrad/zu Fuß einkaufen, und generell Fahrten sparen.
Ja es war mir sehr wichtig zu erklären, was die Rahmenbedingungen sind. Denn so zu tun, als sei es immer und überall möglich, finde ich falsch. Egal, wie sehr ich mir einen viel größeren Verzicht auf Autos wünschen würde.
Fahrten sparen und so oft es geht zu Fuß oder per Rad unterwegs zu sein, finde ich toll. Machen, was man machen kann. 🙂
Ganz liebe Grüße
Janine
[…] Ich selbst studiere von zu Hause aus und die Kinder kommen zu Fuß, per Schulbus oder S-Bahn in ihre Schulen. Wenn wir wirklich einmal ein Auto brauchen, leihen wir uns eines. Das kam im letzen Jahr etwa 4x vor und dann wird auch gleich noch der Sperrmüll entsorgt oder irgendetwas schweres wie Blumenerde oder Farbe gekauft. Und den normalen Einkauf machen wir vor Ort zu Fuß oder mit Fahrrad und Anhänger. Einen richtig ausführlichen Beitrag dazu habe ich grad erst auf meinem Blog veröffentlicht. […]
Aufs Auto verzichten könnte ich nicht. Wir leben in einem kleinen Kaff mit vielleicht 200 Einwohnern und die Öffis sind eine reine Zumutung, es gibt einen Bus, der auch nur tagsüber fährt und unendlich viel Zeit braucht, da er jedes kleine Dorf in der Umgebung anfährt. Aber, wenn ich könnte, würde ich mehr auf das Auto verzichten, ich fahre auch sehr gerne mit dem Rad. So ein Auto kostet viel Geld, wie Du ja auch geschrieben hast, aber es kostet auch Lebenszeit, schließlich muss man auch viele Dinge rund um das Auto erledigen. (Tanken, Werkstatt, Pflege usw.)
Ich wünsche Dir noch eine schöne Woche.
Viele liebe Grüße
Wolfgang
Danke für diesen Artikel. Ich lebe auf dem Land, in der Nähe einer Kleinstadt. Ganz ohne Fahrzeug geht das tatsächlich nicht. Da ich bald eine zweite Ausbildung beginne muss ich schauen wo ich Kosten einsparen kann. Dabei bin ich auf eine super Alternative zum Auto gekommen. Ein Mopedauto soll zukünftig mein Auto ersetzen um Sprit zu sparen und natürlich fallen auch die teure Versicherung und hohe Wartungskosten weg. Für mich ist das eine super Lösung für das Leben auf dem Land um zum nächsten Bahnhof und zum Supermarkt zu kommen, auch im Regen.
Da ich generell nicht viel mit dem Auto unterwegs bin und nur Kurzstrecken fahre denke ich schon seit längerem darüber nach ob sich ein Auto überhaupt lohnt. Für mich stehen die hohen Kosten nicht im Verhältnis zur Bequemlichkeit.
Das mit dem Urlaub wird in Zukunft spannend, aber der Artikel zeigt mir, dass es auch ohne Auto funktioniert. Die Fahrt auf der Autobahn zum Urlaubsziel war sowieso immer sehr nervig.
Liebe Grüße,
Sabrina