Tötet Instagram den Blog?
Ich besitze zu viel Kleidung und muss da jetzt einen Riegel vorschieben. Ein Jahr #IchKaufNix
Habt ihr euch schon mal gefragt, ob andere Kulturen anders mit dem Thema Spenden umgehen? Gleich vorab, das hier ist keine wissenschaftliche Abhandlung über Spendenverhalten. Dazu habe ich gar keine Mittel. Aber es ist eine Feststellung aufgrund von Beobachtung und dem, was ich darüber schon gelesen habe.
Das Thema kam auf, als ich neulich von meinem Bruder aus Australien eine Nachricht bekam. Sein Sohn sammelt Geld bei einem Spendenlauf und man kann ihn durch eine kleine Spende unterstützen. Soweit, so normal. Auch meine Kinder sind schon mehrmals im Kreis gejoggt oder gegangen um dann Spenden zu erlaufen für einen guten Zweck. Als ich nachschauen wollte, wohin das Geld gehen soll, lernte ich: Das Geld ist für die eigene Schule, für bessere Spielgeräte. Auch wenn das erstmal seltsam klingt für’s deutsche Ohr, in Australien ist das völlig normal. Während man hier in der Regel für „arme Kinder in xyz“ Spenden sammelt, sammelt man dort eben für die eigene Schule.
Das Spannende waren die Reaktionen auf die Spendenanfrage. Die Rückmeldungen, die mein Bruder bekam, waren extrem interessant. Ausnahmslos alle deutschen Freude und Verwandte, die mein Bruder angeschrieben hat, reagierten gleich: Warum sollte man für die eigene Schule spenden? Hat die es nötig? Ist das ein guter Zweck? Ausnahmslos alle Freunde aus Australien, USA und dem asiatischen Raum haben positiv reagiert.
Natürlich ist das keine repräsentative Erhebung, aber doch auffällig. Darüber haben wir viel nachgedacht, geredet und ich ein bisschen nachgelesen. Was macht das Spendenverständnis in Deutschland anders als in Australien oder USA? Spenden ist ja meist nicht uneigennützig, sondern dient auch dem eigenen Wohlgefühl. Aber dennoch scheint es mir, als sei das Grundverständnis wann man wem was spendet, ja nach Land unterschiedlich.
Während man in USA und Australien wohl sehr großzügig und offen spendet, darüber redet und es zum Status dazu gehört, passieren Spenden hier oft eher im Stillen. Man brüstet sich weniger damit. Profitieren wollen wir zwar alle: Durch Ansehen in der Gemeinschaft, durch Steuererleichterung oder einfach durch das gute Gefühl. Was wir wem geben unterscheidet sich aber doch. Es scheint so, als spende man in Deutschland eher weniger direkt an Schulen, soziale Einrichtungen, Kirchen und Co. Dafür mehr an Organisationen und übergeordnete Ziele (Bildung in Land xy, Umweltschutz, …). US-Amerikaner geben viel für die eigene Gemeinschaft. Australier stecken irgendwo dazwischen.
Warum ist das so? Darüber haben wir lange geredet. Unser Schluss: Es könnte mit dem Sozialstaat zusammenhängen. Je mehr Aufgaben der Staat übernimmt, oder wir meinen, dass es doch der Staat zu übernehmen habe, desto seltener ist die Gemeinschaft bereit, an dieser Stelle finanziell zu helfen. Der Spiegel schreibt dazu: „Während sich die Deutschen generell darauf verlassen, dass der Gesetzgeber ihre Steuern sinnvoll verteilt, wollen die Amerikaner lieber selbst entscheiden, wofür sie ihre hart verdienten Dollar ausgeben. Sie trauen dem Staat nicht.“ Ob das genau so stimmt? Ich weiß es nicht. Ich habe mich natürlich nicht mit Sozialstudien befasst. Aber tatsächlich würde ich schon sagen, dass man sich hier in Deutschland darauf verlässt, dass man ja schließlich schon mit seinen Steuern einen Beitrag leistet. Die USA haben ein weitaus schlechteres Netz an Sozialleistungen und Australien steht irgendwo in der Mitte.
Bei Katastrophen ist es mit den Spenden wieder anders. Ausnahmezustände im eigenen Land wie Hochwasser schaffen wohl eine gute Spendenbereitschaft. Aber für Spielgeräte an der Schule? Ein neues Vordach? „Armenspeisung“? Das soll der Staat bitte finanzieren. Ist ja schließlich sein Job.
Mein Bruder und ich haben viel über Spendenmentalitäten in USA, Australien und Deutschland gesprochen und es ist wirklich spannend, wie unterschiedlich der Umgang ist. Redet man drüber oder nicht? Ist Spenden ein Weg Steuern zu sparen mittels Abzug oder Spendenquittung? Geht es ums Ansehen in der Gemeinschaft? Spendet man regelmäßig für die eigene Community oder für Menschen weiter weg? Vertraut man den Spendenaufrufern einfach oder will man eine Zertifizierung sehen und den tatsächlichen Verwendungszweck wissen?
Es ist sehr interessant, mit welchem Verständnis Menschen aufwachsen. Nichts davon ist besser oder schlechter. Aber es zeigt einfach mal wieder, dass es hilft zu verstehen, woher man kommt und was man erlernt hat. So war es für meinen Bruder sehr erheiternd, die immer gleiche Rückmeldung von deutschen Freunden zu bekommen während andere aus anderen Kulturkreisen längst Geld überwiesen hatten. Für meinen Bruder ist es außerdem selbst immer wieder ein Aha Erlebnis. Denn seine Prägung ist ebenfalls deutsch, aber er erlebt seit 10 Jahren eine neue Kultur. Da kommt einiges ins Schwingen.