Lichtblicke 2022 im Juni. Privates Glück in stürmischen Zeiten. Eine Radtour, ein Konzert, ein Hörbuch und Abstand von Instagram.
Vegan Kochen & Backen – Kochbücher aus meinem Schrank für euch vorgestellt. Heute: VEGAN! DAS GOLDENE VON GU
Habt ihr auch manchmal das Gefühl, die Mitmenschlichkeit geht den Bach runter? Alles Egoisten. Jeder nur noch für sich. Gerade wenn man auf die großen Geschehnisse schaut, in die Welt hinein, dann kann man zu dem Schluss wirklich kommen. Doch ich glaube, um nicht in einem deprimierten „Alles schlecht“ Zustand zu bleiben, müssen wir öfter mal unseren Blickwinkel verändern. Damit meine ich nicht, dass wir uns jetzt alle mal kopfüber vom Sofa hängen sollen. Das ist auch toll, ich mach das ab und an gerne. Aber das meine ich nicht. Vielleicht greife ich noch mal in die Fotografie-Begriffs-Kiste und leihe mir ein anderes Wort: Zoomen. Wir müssen öfter mal reinzoomen in die Welt. Weg vom Großen hin ins Kleine. Also quasi auf das gucken, was an Mitmenschlichkeit direkt vor unserer Nase passiert. Alltäglich.
Heute bin ich mit dem Bus gefahren und hätte fast in Tränen ausbrechen können vor Liebe zu den Menschen. Denn unterwegs begegeten mir Schulweghelfer*innen, die Tag für Tag aus Überzeugung an schwierigen Übergängen dafür sorgen, das die ganzen 1.-4. Klasse Wuzzis sicher an ihr Ziel kommen. Sie tun das mit Liebe. Eine Dame begrüßte dabei überschwänglich den Busfahrer. Ein Helfer stieg sogar mit ein, vermutlich weil er eh zur S-Bahn weiter musste, und fuhr bei „seiner“ Truppe sizend einfach mit. Der Busfahrer widerum fuhr besonders behutsam im Schulbereich. Hatte ein extra Auge auf die Kinder, die naturgemäß aus allen Ecken wie die Springfrösche zur Schule laufen und rollern.
Mitmenschlichkeit ist gar nicht so rar gesäht
Jetzt könntet ihr sagen: Ja also der Busfahrer muss das ja tun und ja nett das mit den Schulweghelfer*innen, aber was solls. Muss man nicht gerührt von sein. War ich aber. Nicht nur wegen ihnen, aber auch. Weil es mich daran erinnert hat, dass es vor unserer Haustür, in unserem Alltag immer mal wieder solche Menschen gibt oder wir Geschichten zu hören bekommen, in denen Mitmenschlickeit der zentrale Akt war. Wo ein Mensch wertvoll für jemand anderen war.
Die Frau, die ihren Weg unterbricht um noch mal über eine Straße zu gehen, damit die Rollstuhlfahrerin, die sich offensichtlich schwer tat, sicher rüber kommt. Der Mann, der trotz Sitzplatzreservierung die Oma nicht vom Platz verscheucht und dann halt woanders sitzt, manchmal sogar auf dem Boden. Weil es ihm sein Herz sagt. Der Ladenbesitzer, der Sätze sagt wie: „Komm, zahlst du halt morgen“, wenn das Portemonaie zu Hause liegt oder „Das fahr ich dir nach Feierabend noch rum“, wenn es zu sperrig/schwer ist. Oder der Mensch, der unverhofft ein Wort der Dankbarkeit und Freude über dein Sein ausspricht. Der Busfahrer, der noch mal anhält, damit man schnell eine vergessene Mütze rausgeben kann. Die Kundin, die sagt: „Machen Sie in Ruhe, ich habe Zeit.“ Und eben die Schulweghelfer*innen, die morgens draußen stehen und Kindern einen sicheren Weg ermöglichen.
Ab und zu mal auf das Kleine gucken
Es gibt sie, die netten, bestärkenden, vertrauenden, sorgenden, rücksichtsvollen Menschen. Aber ich glaube, wir übersehen diese Akte der Mitmenschlichkeit oft, weil wir unseren Blick meist auf große Dinge legen. Und das trübt unseren Blick und schnell meinen wir, alles ist schlecht und geht den Bach runter. Wir übersehen die kleinen Gesten der Mitmenschlichkeit einfach. Oder machen sie noch kleiner. Natürlich werden sie allein nicht die Welt retten. Da liegt einiges im Argen. Und vermutlich liegt das auch darin begründet – Achtung! Küchentischpsychologie! – dass wir Menschen im kleinen Rahmen das mit der Mitmenschlichkeit gut hinbekommen, auf größerer Ebene aber regelmäßig richtig schlecht sind. Aber diese kleinen Momente der Mitmenschlichkeit, des Wertschätzens sind so wichtig. Sie bilden doch überhaupt erst die Basis, dass wir hoffen und vertrauen können, dass wir gemeinsam etwas gestalten können. Dass es nicht jede gegen jede ist. Dass der Egoismus eben doch nicht siegt. Und wir sollten sie viel mehr feiern und lieben.
Außerdem sollten wir uns klar machen, dass wir auch ab und an diejenigen sind, die Mitmenschlichkeit an den Tag legen. Und uns darüber freuen. Dass wir Teil des Ganzen sind. Und wenn wir dann wieder auf das Große blicken, auf das, was nicht gelingt, können wir sagen: „Aber es gibt den Willen zu Mitmenschlichkeit. Es ist nicht alles schlecht.“ und von dort aus losgehen und etwas verbessern.
Mir hat der Wechsel des Blickwinkels heute früh ein großes warmes Herz gemacht. Und ich bin dankbar dafür. Denn es fällt mir oft schwer, mich zu vergewissern, dass der Mensch im Grunde gut ist. Und man es viel öfter sehen kann, als man meint.