Einfach nachhaltiger: Einkaufen im Supermarkt
Einfach nachhaltiger: Nase putzen
Kostet es eigentlich mehr Geld, ökologisch-nachhaltig zu leben? Das behaupten viele und die Preise im Bioladen geben ihnen oft auch Recht. Andererseits gibt es Stimmen, die ganz klar sagen, ein nachhaltiges Leben ist, wenn auch nicht im einzelnen, so doch in der Summe günstiger.
Was stimmt also nun? Oder ist am Ende gar beides wahr? Kommt es drauf an, und worauf eigentlich? Ich habe euch hier einmal anlässlich des Mai-Themas „Geld“ von Franzi Schaedels Reihe #dasnachhaltige19 meine Gedanken aufgeschrieben.
Erste These:
Nachhaltig Leben ist teuer. Alles kostet viel mehr Geld.
Im Vergleich zu einem Einkauf im Discounter erscheint ein Einkauf im Bioladen wie eine Luxusreise. Statt billig, billig, billig gibt es hier nur teuer, teuer, teuer. Bio hat einen stolzen Preis. Da sind wir uns alle einig. Auch zero waste Produkte wie Bambuszahnbürste oder festes Shampoo schlagen kräftig zu Buche.
Dieser Vergleich hat nur einen Haken. Wir rechnen von der falschen Seite aus. Die Rechnung lautet nicht „Bio ist im Vergleich zu teuer“ sondern „Discounter sind im Vergleich zu billig“. Denn Anbau, Ernte, Import, Herstellung – all das kostet Geld. All das kostet Arbeitskraft. All das kostet Ressourcen. Uns muss klar sein, dass für die billige Ware nur einfach jemand anderes (das exportierende Land, die Arbeiter ohne Rechte) unsere Rechnung zahlt.
Außerdem haben wir verlernt, unsere Prioritäten richtig zu setzen. Auto, Urlaub, Inneneinrichtung – alles ist uns wertvoller als das, was wir täglich in das Wichtigste stecken, das wir haben: unseren Körper. Lieber billig Lebensmittel kaufen und dafür Shoppen können als verzichten für gutes Essen. Lieber täglich Fleisch aus Massentierhaltung als einmal die Woche ein richtig gutes Stück Biofleisch.
Essen ist hochemotional und steht gleichzeitig erst auf Platz 2 oder 3 in Sachen Wertigkeit. Eine sehr interessante Sache.
Zweite These:
Nachhaltig Leben ist billiger, wenn man es richtig angeht.
Viele Dinge, die ein Leben nachhaltiger gestalten können, sind erstmal teuer. Gute Kleidung, hochwertige Geräte, Lastenanhänger für das Fahrrad. Aber all diese Dinge sind aber auch darauf ausgelegt, lange zu halten.
Nachhaltigkeit bedeutet Dauerhaftigkeit und ein gewisser Minimalismus. Statt acht Modetrends pro Jahr hinterher zu laufen, fokussiert man sich auf „Basics“. Statt jedes Gerät neu zu kaufen und immer das neuste haben zu wollen, kauft man seltener und eher gebraucht.
Damit spart man Geld. Also genau das, was einige Zero Waster meinen: Langfristig und gesamt gesehen wird es günstiger, nachhaltig zu leben. Denn der Verzicht an der einen Stelle ermöglicht die Mehrausgabe an anderer Stelle. Prioritäten verschieben sich und durch manch geschickten Einkauf (Großgebinde, Saison) oder DIY lässt sich auch im Lebensmittelbereich viel einsparen.
In der Diskussion begehen wir zu oft einen Denkfehler
Haben wir jetzt eine Antwort darauf, ob ein nachhaltiges Leben billiger oder teurer ist? Nicht wirklich. Es kann billiger sein. Es kann gleich teuer sein – kommt ja auch drauf an, was man vorher so konsumiert hat – oder sogar viel teurer als ein nicht nachhaltiges Leben. Also kommt es auf den Einzenen an. Und hier liegt ein Denkfehler.
In der Regel – nicht immer, ich behaupte aber vorrangig – wird die oben genannte Diskussion in einem Umfeld geführt, dass Zeit und Geld hat, solche Abwägungen zu treffen. Wir sind wohlsituiert, meist nicht am Existenzminimum angesiedelt, haben Muße uns solche Fragen zu stellen und eine gewisse Sicherheit, auch Fehler machen zu können.
Die Überlegung, dass Bio nicht zu teuer, sondern Konventionell zu billig ist, wird nie zielführend sein, wenn wir vergessen, dass es Menschen in unserem Land gibt, die darauf angewiesen sind, so billig wie möglich einzukaufen. Bei denen es nicht um die Entscheidung „nur 3 Hosen, dafür fairen bio Kaffee“ geht, sondern um die Frage „ist eine Hose überhaupt drin?“
Wenn wir von Lebensmittel-Realpreisen sprechen, müssen wir auch von Ideen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen, Recht auf angemessenes Leben, Ende der Lebensmittelverschwendung, gerechte Verteilung sprechen.
Es braucht in unserem Kampf für ein nachhaltiges Leben genug Raum um andere Situationen mitzudenken. Wir müssen verstehen, dass wir uns in der derzeitigen Situation doch in einem sehr priviligierten Rahmen bewegen und dass außerhalb dieser Gruppe viele Menschen sind, die weder Kapazitäten noch Zugang haben zu Möglichkeiten des nachhaltigen Lebens.
Für diejenigen mit geregeltem Einkommen, mit einem stabilen Kontostand ist die Frage nach einem nachhaltigen Leben weniger eine Kosten- als eine Prioritätenfrage. Dann verschieben sich die Ausgaben am Ende und nachhaltig Leben ist nicht teurer. Davon bin ich überzeugt. Der Einwurf, dass so ein Leben zu kostspielig sei, darf aber trotzdem nicht einfach weggewischt werden. Denn es gibt sehr viele Menschen, deren Leben keinen oder sehr wenig Spielraum unter den gegebenen Umständen zulässt. Es braucht dringend Ansätze, die ALLE ins Boot holt und jedem Zugang zu ökologisch-nachhaltigen Entscheidungen ermöglicht.
6 Comments
Ich fühle mich jetzt wie ein Wackeldackel weil ich beim lesen ununterbrochen genickt hab. Sehr treffend geschrieben!
Danke für diesen Beitrag.
Toller Artikel. Diese Diskussion muss geführt werden und eigentlich muss es auch für jeden möglich sein, sich mit gesunden Lebensmitteln zu versorgen. Leider sieht die Wirklichkeit anders aus. Obwohl meiner Meinung nach die Priorität auf die Gesundheit oberstes Ziel hat. Teure Statussymbole würde ich hinten an setzen. Dafür braucht es auch Selbstbewusstsein. lg angelique
Super Beitrag. Selbige Diskussion hatte ich Anfang des Jahres mit einer Freundin. Ich für mich gebe für einen Wocheneinkauf genauso viel aus wie früher, kaufe aber einfach viel bewusster ein, mache mehr selbst. Aber natürlich sehe ich es auch so dass Mensch die am Existenzminimum leben es sich trotz allem nicht leisten können. Auch die Erfahrung habe ich selbst als Jugendlich machen können, als mein Vater aus gesundheitlichen Gründen umschulen musste und wir nur die Hälfte des Geldes hatten und meine Mutter froh war uns alle iwie versorgt zu bekommen und es eben nicht mehr immer Natukostladen war sondern eben Discounter, weil wir es uns einfach nicht mehr leisten konnten. Das hat mich auch lange dazu angehalten weiter im Discounter einkaufen zugehen um immer genug Geld sparen zu können falls mal etwas ist. Der Wandel dauert einfach und ist bei uns ganz sicher noch lange nicht am Ende.
Ich Danke dir für deinen Beitrag der zum Nachdenken anregt.
Liebe Anni
Danke für deine Sichtweise. Es zeigt deutlich, wie sehr Erfahrungen mit Geldnot prägen und wie sehr sie langanhaltend für Einkaufsentscheidungen entscheidend sind.
Liebe Grüße
Janine
Ich kann da auch nur dauernd mit dem Kopf nicken. Die Deutschen sind es ja de fakto schon mal gar nicht gewöhnt mehr Geld für hochwertiges Essen auszugeben. Nahrung ist hierzulande, verglichen mit dem Rest Europas, extrem günstig. Dafür bekommen sie aber auch nur billigen Müll geliefert. Warum muß man täglich das in Plastik verpackte Billigfleisch kaufen, statt nur alle paar Wochen mal das teure, aber hochwertige Biofleisch? Früher hat kein Mensch täglich Fleisch gegessen. Das war schlichtweg ein Luxusgut. Was mir allerdings stinkt, ist die Tatsache, das z.B. Nudeln in der Papiertüte (gibts jetzt neu im Drogeriemarkt) schlappe 3,50 € kosten. Nur weil sie in Papier verpackt sind. Da müsste eindeutig die Plastikverpackung hoch besteuert werden und nicht andersherum. Ich glaube die Menschen haben es schlichtweg total verlernt nachhaltig zu leben, obwohl sie das Jahrtausende geschafft haben. Wir brauchen nicht 10 Jeans und 15 Paar Sneakers. Es wird dringend Zeit sich da mal wieder zu erden. Denn wir haben keine Zeit mehr für Höhenflüge. LG, Nadine
Liebe Nadine,
ja wir haben schon ein seltsames Verhältnis zu Essen. Dabei ist es ja genau das, was uns am Leben und gesund erhält.
Wegen der Papierverpackung – da bin ich mir nicht sicher, ob es überhaupt Sinn macht, auf diese umzusteigen. Papiertütenherstellung ist wahnsinnig energieaufwendig, mehr als bei Plastiktüten. Und auch aus Papierverpackung kann, je nach Aufdrucksfarbe, nicht immer wieder neue Lebensmittelverpackung gemacht werden. Glas, Plastik und Papier sind Ressourcen. Ich bin inzwischen weg von der Idee, dass es besser ist, Einmal-Papier- oder Einmal-Glasverpackungen zu wählen statt Plastik.
Verpackung ist und bleibt ein Problem, egal welche der drei. Dann lieber das dünnste Material, der kürzeste Weg, die wenigste Plastikmischung (Sortenreinheit) und wo es geht gar keine Verpackung oder Großgebinde kaufen.
Liebe Grüße
Janine