Einfach nachhaltiger: Brot kaufen
Muss man sich ein nachhaltiges Leben leisten können?
Wirkliche Nachhaltigkeit und Müllvermeidung beim Einkauf, das geht doch nur im Unverpacktladen! Nein. Auch im normalen Supermarkt kannst du viel Müll vermeiden und umweltschonend einkaufen, wenn du weißt, worauf du achten musst.
Bevor es jetzt ans Eingemachte geht, vorab gleich mal der beste und wirksamste Tipp: Geh möglichst nicht ungeplant und/oder hungrig einkaufen. Denn eines unserer größten Probleme ist der Überkonsum und die damit verbundene Lebensmittelverschwengung. In Deutschland landen in Privathaushalten jährlich 4,4 Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, das sind 55kg pro Kopf. Deshalb solltest du nur kaufen, was du auch wirklich essen kannst. Ein Essensplan und ein Einkaufszettel helfen dabei, nur das in den Korb zu legen, was auch wirklich verwendet wird und lockende Angebote zu umschiffen.
Das Problem mit den Verpackungen
Bis vor kurzem dachte ich, wenn ich nur alles in Glas und Papier kaufe statt Plastik, dann habe ich richtig viel gutes getan beim Einkauf. Leider ist die Parole „Kein Plastik!“ aber nicht die ganze Wahrheit. Die Verpackungsmöglichkeiten Kunstoff, Papier und Glas bringen nämlich alle drei Probleme mit sich. Nur allein auf ihre Umweltbelastung nach dem Wegwerfen zu achten, hilft nicht weiter. Wichtig sind auch die Aspekte Herstellung und Transport. Und da wartet jede Verpackung mit unterschiedlichen Problemen auf.
Papier und Glas sind zum Beispiel in der Herstellung wesentlich umweltschädlicher als Plastik. Beides besteht wie Kunststoffe auch aus endlichen Rohstoffen. Zudem haben sowohl Papier/Kartonage als auch Glas ein höheres Eigengewicht, was bedeutet, dass für die gleiche Menge beim Transport mehr CO2 freigesetzt wird als bei Lebensmitteln in Kunststoffverpackung. Und obwohl Glas eine großartige Recyclingquote hat, ist genau dieses Recycling gleichzeitig mit einer extrem schlechten Ökobilanz verbunden. Kunststoffe hingegen sind schön leicht, stehen aber in Verdacht unter Umständen Stoffe an Lebensmittel abzugeben und sind in ihrer tatsächlichen Recyclingbilanz trauriger als man glaubt. Aus lebensmittelhygienischen Gründen und aufgrund von Vermischung verschiedener Stoffe, ist ein gleichwertiges Recycling nicht oft möglich. Und auch hier: Der Rohstoff Erdöl ist endlich.
Also, alles nicht toll. Haben wir nur die Wahl zwischen Pest und Colera? Wäre die Lösung nicht, unverpackt einzukaufen? Ja, so könnte man es sagen. Nur hat nicht jeder diese Möghlichkeit und 100% ohne Verpackung kommen wir wohl nicht aus. Die gute Nachricht: Es gibt trotzdem ein paar Dinge, die jeder einzelne besser machen kann beim Einkauf im Supermarkt. Und darauf will ich mich jetzt fokussieren. Dass generell im Großen am Konzept Einkauf/Verpackung/Müll gearbeitet werden muss, sollte uns allen klar sein. Wir brauchen eine Abkehr vom Verpackungswahn, der jedes Teil in mehrere Lagen Müll wickelt und es braucht mehr Mehrwegsysteme.
Aber heute geht es um unseren alltäglichen Einkauf im Supermarkt und da können wir selbst etwas tun.
Die Obst- und Gemüseabteilung
Hand aufs Herz, wer stand nicht schon vor den Obst- und Gemüsekisten und fragte sich, ob er nun Biogemüse in Folie oder konventionelles Gemüse ohne Verpackung kaufen soll? Tatsächlich ist das im Supermarkt immer noch ein riesen Problem. Damit bio von konventionell unterschieden werden kann, verpacken die Hersteller ersters in Plastik. Die Lasertechnik zum labeln des Gemüses und Obstes ist zZt. stark im Kommen. Einige Supermärkte haben versprochen, hier verstärkt mitzumachen. Bis es soweit ist, bleiben uns ein paar Möglichkeiten:
- Sprich die Mitarbeiter im Supermarkt an. Sag ihnen, wie gerne du hier Kunde bist, dass du aber die Plastikflut nicht mehr aushälst und wissen möchtest, was sie dagegen tun werden. Feedback ist immer wichtig und vielleicht greifen sie das Thema auf oder können dir sogar schon mitteilen, woran sie arbeiten.
- Wenn du loses Obst und Gemüse kaufen kannst, nimm keine Plastiktüte um es zu verpacken. Fast alles lässt sich ohne Verpackung transportieren. Für Salatköpfe, Pilze, Datteln, Tomaten und anderen Kleinkram nimm dir eigene Stoffbeutel mit. Die haben unwesentlich viel Gewicht und können somit einfach mitgewogen werden.
- Sollte es nicht anders gehen, wähle die geringstschlimme Verpackung. Ein Plastikbeutel mit Weintrauben ist weniger schlimm als eine Plastikdose mit Weintrauben.
- Aber wenn du wählen kannst zwischen in Plastik verpackt und regional (!) unverpackt, nimm letzteres, auch wenn es vielleicht nicht bio ist.
- Wenn dir biologischer Anbau wichtig ist, kauf Obst und Gemüse im Bioladen oder auf dem Wochenmarkt. Dort ist es fast immer unverpackt und du bekommst Qualität gleich mit dazu.
- Verzichte auf Flugobst. Vieles wächst zu bestimmten Zeit näher an deinem Wohnort als wann anders. Habe Geduld bis Saison ist. Dann wird das Obst und Gemüse auch günstiger.
- Kauf das krumme Gemüse. Es schmeckt genau so wie die Idealform, wird aber seltener gekauft. Wenn der Supermarkt merkt, dass auch ungenormte Ware Absatz findet, wird es nicht mehr weggeschmissen. Und wenn du Gemüse und Obst am gleichen Tag noch essen wirst, dann kannst du auch die etwas schrumpeligen oder mit einer Delle versehenen Stücke kaufen. Auch das spart Müll.
Die Käse- und Wursttheke
Wenn du Käse und Wurst kaufst, frag doch einmal nach, ob dein Supermarkt nicht vielleicht eine eigene Box zulässt. Es ist oft marktabhängig und vielleicht musst du erst einmal klar machen, dass sie dir deine Waren gern auf statt hinter der Theke geben können (Hygiene). Sag ausdrücklich, dass du keine Folie zwischen den Scheiben haben willst oder kaufe gleich am Stück.
Noch besser ist natürlich, du kaufst so selten wie möglich oder gar keinen Käse oder Wurst, denn ökologisch gesehen ist dies eine Katastrophe. Achte ansonsten auf Herkunft und kaufe möglichst biologische Produkte aus der Region. Hier zählt Qualität vor Quantität.
Die Wahl im Regal
Was ist aber mit all den trockenen Zutaten und den Konserven, die man so braucht? Alles ist im Supermakt verpackt. Und wie gesagt, alle Verpackungen haben Vor- und Nachteile. Der Verbundkarton für Getränke oder Soßen ist zwar leicht und damit in Herstellung und Transport positiver zu berwerten als Glas, aber aufgrund seiner verschiedenen Bestandteile nur unter hohem Aufwand zu recyclen. Und Konservendosen stehen unter Verdacht, zB Weichmacher wie BPA in die Lebensmittel abzugeben.
Hier hilft wirklich nur die Wahl zwischen Pest und Colera und so wenig Verpackungsmaterial wie möglich zu kaufen. Hülsenfrüchte getrocknet in einer dünnen Plastiktüte sind ergiebiger und günstiger als fertige Bohnen im Glas. Schokolade solltest du nicht als einzelne Häppchen in unermesslicher Plastiverpackung kaufen, sondern als Tafel. Kaffeebohnen halten länger als gemahler Kaffee und Kapseln sollten ein absolutes No Go sein. Falls du einen Kaspelautomaten hast, kannst du übrigens wiederverwendbare Kapseln kaufen, das wird auf Dauer auch billiger. Wähle vor allem bei Kaffe, Tee und Schokolade so oft es geht fair und bio aus.
Das Kühlregal
Im Kühlregal finden sich Milch und Joghurt sowohl in Verbundverpackung als auch in Glasflaschen. Und hier ist nachhaltiger Einkaufen schon viel einfacher. Denn die Milch-, Joghurt- und Quarkgläser sind Mehrweggläser und wenn die Produkte aus der Region stammen und einen kurzen Transportweg haben, dann sieht die Umweltbilanz echt gut aus. Wenn das mal keine gute Nachricht ist nach all den „Pest und Colera“ Käufen. Daher
- regionale bio Milch, Joghurt, Quark in Mehrweggläsern kaufen
- den Konsum tierischer Produkte runterfahren um hier Nachhaltigkeit zu fördern
- wenn wirklich keinerlei Milch im Mehrwegglas aus der Region zu haben ist, dann lieber im Verbundkarton kaufen und Punkt 2 um so mehr beherzigen
Für Veganerinnen fehlt es derzeit noch an Mehrwegflaschen für Joghurt und Milchalternativen. Hier gibt es zwei Möglichkeiten, den Umweltaspekt auch mit Tetra Pack zu begegenen:
- Kaufe möglichst Produkte, die regional bzw. so nah wie möglich am Wohnort hergestellt wurden. Es gibt z.B. Soja- und andere Pflanzenmilch vom Bodensee.
- Mache öfter Pflanzenmilch selber. Das ist zwar mit etwas Aufwand verbunden, aber durchaus machbar. Im Internet findest du viele tolle Rezepte dazu.
Die anderen Dinge wie Aufschnitte und Co lieber an der Frischetheke kaufen. Dort wird in der Regel weniger Verpackung verwendet und vielleicht kannst du sogar deine eigene Box mitbringen.
Die Getränkeabteilung
Und was für Milch gilt, gilt auch für Getränke. Doch hier trügt der Schein oft. Ist ja Pfand drauf, also geht es in den Kreislauf zurück, auch bei Plastik. Leider ist das nicht so. Die Mehrwegquote lag 2016 nur noch bei 43%. Das klingt gar nicht schlecht, aber man muss wissen: die Zahlen sind seit Jahren rückläufig. 2004 lag die Quote noch bei 66%! (Quelle: Hintergrundpapier „Das Mehrwegsystem in Deutschland“ der DUH von 2018). Einweg bedeutet Einbahnstraße. Die Flaschen werden nicht gereinigt und wiederbefüllt sondern zerstört.
Wenn du also Getränke kaufst, kauf Mehrwegflaschen. Inzwischen muss dieses ausgezeichnet werden, so dass es leicht erkennbar ist. Ob PET- oder Glasmehrweg ist eine Frage der Distanz. Kommt dein Saft, deine Limo oder dein Sprudelwasser aus der Region? Dann greif zur Glasflasche. Ist das für dich zu schwer zu transportieren oder der Weg der Flaschen lang? Dann wähle PET Flaschen. Diese sind leichter und somit im Transport besser. Wichtig ist eben der Mehrweg.
In der Backabteilung oder beim Bäcker
Sowohl in der SB Backabteilung als auch beim Bäcker kannst du mit einem mitgebrachten Beutel Brot und Brötchen, aber auch Teilchen kaufen. Damit vermeidest du unnötigen Müll durch Einmalpapier. Denn eine Papiertüte ist zwar in ihrer recycelbarkeit super, verbraucht in ihrer Herstellung jedoch doppelt so viel Energie wie eine Plastiktüte. Daher solltest du so oft es geht diese vermeiden.
Lass dir ruhig auch einmal Kuchen in eine mitgebrachte Box packen. Je öfter wir das machen, desto mehr Menschen sehen das und machen es vielleicht nach. Eventuell findet der Bäcker es sogar selbst so gut, dass er Brotbeutel zum Kauf anbietet.
Kosmetik und Drogerie
In der Kosmetik- und Drogerieecke ist so gut wie alles in Plastik verpackt. Wir werden im Supermarkt nicht drum herum kommen. Dennoch kannst du auch hier eine bessere Wahl treffen. Inzwischen gibt es in vielen Supermäkten und Drogerien zertifizierte Kosmetikprodukte, ökologische Waschmittel oder recycletes Toilettenpapier. Diese sollten immer deine erste Wahl sein. Sie erledigen ihren Dienst genau so wie die konventionellen, haben aber einen sehr viel geringeren ökologischen Fußabdruck.
An der Kasse
Wie jetzt, an der Kasse gibt es auch Möglichkeiten, nachhaltiger zu handeln? Aber klar. Zum einen: Bring immer einen Korb oder Taschen mit zum Einkauf. Denn keine der Tüten, egal ob Kunststoff oder Papier, sind gut. Alle verbrauchen in ihrer Herstellung Ressourcen. Eine Papiertüte schneidet in der Herstellung sogar schlechter ab, als eine Plastiktüte. Genaures kannst du in meinem Beitrag zu den verschiedenen Tüten/Beuteln nachlesen. Deshalb heißt die Devise: Verzicht von Neukauf einer Tüte.
Außerdem solltest du so oft es geht auf den Kassenbon verzichten. In vielen Thermopapieren finden sich die Chemikalien BPA und BPS, welche über Hautkontakt in deinen Köper gelangen. Es gibt inzwischen schon Thermopapiere ohne diese Stoffe, aber ob dein Supermarkt diese verwendet, müsstest du erfragen.
Natürlich wäre es toll, hätten wir alle Zugang zu Unverpacktläden. Dann müssten wir uns nicht diese lästigen Fragen stellen, nicht immer abwägen. Die Realität sieht aber leider anders aus und um so wichtiger ist es zu verstehen, dass man auch in klassischen Supermärkten viel positives im Einkaufsverhalten ändern kann.
Nimm dir für deinen bewussten Einkauf ein bisschen mehr Zeit und suche die Alternativen. Und wenn du etwas vermisst, frage doch einfach mal nach. Oder rege Änderungen an. Außerdem kannst du alle Verpackung, die du eigentlich nicht brauchst, im Supermakt lassen. Dann muss dieser sich um die Entsorgung kümmern. Am Ende können wir so einen kleinen Beitrag leisten zur Verringerung des Verpackungsmülls.
Die großen Schritte müssen wir von der Politik, den Herstellern, der Industrie und den Geschäften fordern. Sie müssen Entscheidungen treffen, damit wir Endverbraucher nicht zwischen „Pest und Colera“ wählen müssen, sondern ohne kleines Ökobilanz-Studium unseren täglichen Einkauf erledigen können.
1 Comment
Das ist ein sehr interessanter Bericht. Kann man doch einiges mitnehmen. Danke für diesen tollen Beitrag. Ich bin Dein Fan. Liebe Grüße, Renate