Gefrierende Seifenblasen fotografieren
Südfinnland bereisen ohne Auto und Flugzeug
Reist ihr gerne? Ein paar Tage in warmen Gefilden verbringen, ein Städtetrip ins europäische Ausland, der lang ersehnte Familienurlaub? Dann seid ihr nicht allein. Wir Deutschen reisen gerne. In Zahlen heißt das: 54,1 Mio Reisende und 69,6 Mio Reisen im Jahr 2017. Und warum auch nicht? Zum einen können sich viele ein oder sogar zwei Urlaube im Jahr leisten und zum anderen ist Reisen ins Ausland so einfach wie nie.
Reisefreiheit in der EU
Dank des Schengener Abkommens können wir allein innerhalb der Europäischen Union 26 Länder passfrei bereisen. Einfach so rein in den Zug oder das Auto und ab nach Süden, Norden, Osten oder Westen. Oftmals wird ein Ausweisdokument nicht mal verlangt. Und wie ist es, außerhalb dieses Raumes und nach Übersee zu reisen? Auch kein Problem. Denn wir haben einen der mächtigsten Reisepässe der Welt. Mit ihm können wir 127 Länder visumsfrei, dazu 39 weitere Länder mit Visum bei Ankunft (was einer erweiterten Visafreiheit gleich kommt) und nochmal 32 Länder mit vorher gestelltem Visum bereisen. Das sind 198 Länder dieser Welt.
In der obigen Grafik habe ich euch einmal veranschaulicht, wie unfassbar priveligiert wir sind. Wir sitzen im Ranking auf Platz 2! Ebenfalls starke Pässe haben weitere europäische Länder, Singapur, Südkorea und die USA (alle Platz 3). Das bedeutet: Maximale Reisefreiheit, so gut wie keine Grenzen in unserer Urlaubsplanung und auch dort, wo es ein Visum braucht, ist dies meist ein rein formaler Akt.
Die schwächsten Reisepässe der Welt
Wenn man bis zum Ende des Rankings schaut, dann findet man die schwächsten Reisepässe dieser Welt. Auf dem letzten Platz: Afghanistan. Afghanen können nur in 29 Länder dieser Welt ohne Visum reisen! Nur wenig besser ist es für Iraker, Pakistani, Syrer oder Somalier. Schaut euch mal an, wohin diese Leute reisen dürfen. Klickt dafür auf der Seite Passport Index auf den jeweiligen Pass. Sie sind – nicht nur finanziell, sondern generell, in ihrer Reisefreiheit maximal eingeschränkt. Was für uns normal ist, ist für BürgerInnen dieser Länder so gut wie unmöglich.
Was können wir daraus ziehen?
Und was können wir aus dieser Information mitnehmen? Zum einen: Wir haben es verdammt gut. Reisen wohin man will ist ein Geschenk und keine weltweite Selbstverständlichkeit. Das dürfen wir nie vergessen und sollten uns gegen alle Einschränkungen wehren.
Zum anderen: Diejenigen mit den schwächsten Reisepässen bilden die größte Gruppe unter denen, welche seit Jahren auf dem Weg übers Meer ertrinken oder in LKWs ersticken. Natürlich ist die Schwäche des Reisepasses nicht Grund für die Flucht. Aber sehr wohl der Grund, weshalb jemand aus Kriegsgebieten nicht einfach ausfliegen kann, und mit einem maroden Schlauchboot statt per Fähre übers Mittelmeer kommt. Weil es ihm nicht möglich ist, auf legale Weise aus- und einzureisen.
Schaut euch das Ranking mal an. Spannend ist besonders, wer wohin reisen darf. Die Frage, ob man es finanziell könnte, wenn der Reisepas es zulassen tät, ist dabei allerdings nochmal eine ganz andere Sache. Denn natürlich braucht es neben einem starken Reisepass auch die finanziellen Möglichkeiten zum Reisen. Und auch klar: Diejenigen mit Geld haben es auch in den problematischen Ländern einfacher.
Privilegien muss man schützen, durch Wahlbeteiligung
Vor allem aber erfreut euch an der Errungenschaft, europaweit frei reisen zu dürfen. Das ist und bleibt ein Privileg, das es zu schützen gilt! Verstehen wir die unfassbaren Möglichkeiten, die wir haben, nicht als Normalität, sie sind es nicht. Es ist noch nicht lange her, da musste man ständig an Grenzübergängen warten. Wollen wir wirklich wieder soche Zustände? Und brächte eine geschwächte EU oder ein Zerbrechen in Einzelstaaten nicht auch eine Schwächung der europäischen Reisepässe mit sich?
Auch deshalb ist es wichtig am 26. Mai zur Europawahl zu gehen. Wer gerne in Europa unterwegs ist, vielleicht woanders als seinem Ursprungsland arbeitet und die Erungenschaften zu schätzen weiß, der sollte sich auch an der Wahl beteiligen. Denn eines ist gewiss: Wer nicht wählt überlässt denen das Feld, die Europa lieber heute als morgen wieder als abgeschottete Einzelstaaten sehen wollen. Werbt daher für die Europawahl, zum Beispiel indem ihr bei Diesmal wähle ich! mitmacht. Informiert euch bei der Bundesarbeitsgemeinschaft für politische Bildung oder auf der Seite des Bundeswahlleisters über die Wahl an sich und bedient auch ruhig mal den Wahlomat.
2 Comments
Vielen Dank für diesen Artikel! Ganz ähnliche Gedanken treiben mich auch gerade um. Ich bin Freiberuflerin und habe mir den Luxus gegönnt, mit meinem Büro (= Laptop) einfach mal für ein paar Winterwochen in die Sonne, nach Athen zu entschwinden. Was ich halt kann, weil ich einen deutschen Pass habe. Zu Hause gebe ich Woche für Woche einer Gruppe von Deutschland-Neuankömmlingen Deutschunterricht, die meisten von ihnen geflüchtet, die genau diese Möglichkeiten nicht haben. Und das alles wegen eines Zufalls, nämlich des Zufalls der Geburt. Ich bin sehr, sehr dankbar für die Möglichkeiten, die ich habe. Gleichzeitig treibt mich immer mehr um, wie unfair das alles ist. Und noch eins: Frisch zurück aus einem Land, in dem viele Menschen – mit gutem Grund! – nicht gut auf die EU zu sprechen sind, denke ich zwar immer noch, dass die europäische Einigung ein wirklich wichtiges Projekt ist. Gleichzeitig muss die EU demokratischer werden. Das geht aber nur, wenn zunächst mal viele Leute signalisieren, dass sie mitbestimmen wollen über das, was in Brüssel passiert. Und das heißt: wählen gehen. Das sehe ich genau wie du.
Oh da sagst du was, liebe Sabine. Es ist immer wieder das Glück der Geburt am richtigen Ort. Und das ist so schade.
Ich bin auch nicht von allem überzeugt, was in der EU so abgeht. Allein der Umgang miteinander ist oftmals richtig schlimm. Und unser Land spielt da eine Vorreiterrolle. Wir diktieren gerne den Weg und ignorieren Vorgaben so lange es geht.
Gerade deshalb, du schriebst es ja, ist es um so wichtiger wählen zu gehen.
Liebe Grüße
Janine