Nachrichten: Der Golfstrom wird langsamer
Unseren Umgang mit dem Klimawandel verstehen lernen: Klima-Kommunikationsexperte George Marshall und warum Eisbären in der Klimaschutzdebatte in die Irre führen.
Aktuell wird viel über den am 9. August veröffentlichten sechsten Sachstandsbericht des IPCC in den Medien berichtet. Dabei handelt es sich allerdings nicht um den vollständigen Bericht, sondern um einen Teilbericht über die physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Die beiden anderen Teilberichte zu Folgen, Anpassung und Klimaschutz sollen kommendes Jahr veröffentlicht werden. Allerdings hat es dieser erste Teil in sich. Erstmals heißt es dort „Es ist eindeutig, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, den Ozean und das Land erwärmt hat„ (Climate Change 2021. The Physical Science Basis Summary for Policymakers, Chapter A). Damit unterscheidet er sich vom Bericht aus 2013. Denn dort war nur die globale Erwärmung an sich als „eindeutig“ bezeichnet worden.
Inhaltlich gut aufgearbeitet hat die Informationen aus dem Bericht meiner Meinung nach die Sueddeutsche in ihrem Artikel „Weltklimarat: Zwei-Grad-Ziel droht unerreichbar zu werden„. Und auch das Video von ZDF Heute-live ist sehr sehenswert. Besonders um das ganze komplexe Thema besser zu verstehen. Heute soll es aber gar nicht so sehr um den Inhalt des Berichtes gehen, sondern um den IPCC. Wer oder was ist das eigentlich genau? Wie arbeitet er und was ist seine Aufgabe?
Die Historie und Struktur des IPCC
IPCC, das steht für Intergovernmental Panel on Climate Change. Bekannter ist der zwischenstaatliche Ausschuss im deutschsprachigen Raum unter dem Namen Weltklimarat. Es gibt ihn bereits seit 1988 (!). Der erste Sachstandsbericht lag 1990 vor. Gegründet wurde der IPCC von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Das heißt, der IPCC ist Teil der Vereinten Nationen (UN). Mitgieder dieses Ausschusses sind Länder, welche entweder der UN oder der WMO angehören. Momentant gehören 195 Staaten der dem IPCC an. Und das sind nicht nur Länder wie Australien, Frankreich, USA, Deutschland oder Russland sondern auch Afghanistan, Bangladesh, Somalia, Marokko oder Irak.
Der IPCC ist kein Zusammenschluss von Wissenschaftler:innen, sondern eben von Nationen/Staaten. Die Arbeit der Autor:innen ist in drei Arbeitsgruppen gegliedert. Gruppe I beschäftigt sich mit der physikalisch-wissenschaftlichen Grundlage des Klimawandels. Gruppe II mit den Auswirkungen des Klimawandels, der Anpassung und Vulnerabilität. Und Gruppe III mit der Eindämmung des Klimawandels. Sein Ziel: Wissenschaftliche Studien zusammentragen und bewerten und Regierungen auf allen Ebenen mit wissenschaftlichen Grundlagen versorgen mit denen sie Klimapolitik entwickeln können.
Die Arbeit des IPCC wird von 172 Beobacherteroragnisationen überwacht (Stand: Juli 2021). Neben 30 UN-Organen und -Organisationen sind auch 26 internationale Organisationen wie die EU, die AUC (Afrikanische Union) oder die ESA (European Space Agency) Beobachter. Den größten Beobachteranteil (115) stellen aber NGOs, also Nicht-Regierungs-Organisationen, zum Beispiel Germanwatch, Greenpeace, die Heinrich Böll Stiftung, Oxfam oder der WWF. Ich habe nur in paar vermutlich hier bekanntere Organisationen aufgezählt. Auf der Liste stehen aber noch viel mehr, vor allem aus dem globalen Süden stammende, NGOs. Ein Blick darauf lohnt sich allemal.
Direkt beim IPCC sebst findet sich eine ausführliche „about“ Seite mit weiterleitenden Informationen. Leider ist sie nicht auf Deutsch. Auf der Webseite findet sich auch eine gute Grafik zur Strukur. Wer lieber mehr zum IPCC auf deutsch lesen mag, der ist beim Umweltbundesamt gut aufgehoben. Hier werden Struktur, Fragestellungen und Überwachung noch mal gut dargestellt.
Die Arbeit am Sachstandsbericht
Für die Mitarbeit am Bericht kann sich jede Wissenschaftlerin und jeder Wissenschaftler bewerben. Hierfür gibt es Aufrufe an die Mitgliedsstaaten und IPCC Beobacherteroragnisationen. Die Zusammensetzung zielt darauf ab, eine Spannbreite von wissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Ansichten und Hintergründen widerzuspiegeln. Außerdem sollen möglichst viele Regionen vertreten sein, damit es nicht zu einer Verlagerung von Fragestellungen kommt. Über 40% der Autor:innen des aktuelle Berichts sind aus dem globalen Süden, was zwar immer noch wenig ist, aber ein guter Schritt. Denn wenn wir auf den Klimawandel schauen, dann ist die Forschung und Erfahrung aus diesen Ländern enorm wichtig, da sie als erste betroffen sind von den Folgen.
An dem aktuellen Bericht waren 234 ehrenamtliche Autor:innen beteiligt. Sie werteten für den vorliegenden Bericht übrigens rund 14.000 Studien aus. Die Ergebnisse wurden dann in einem mehrstufigen Review-Prozess erneut durch weitere Editoren auf Vollständigkeit und Objektivität überprüft.
Meistens enthält ein Sachstandsbericht vier Teile, je einer pro Arbeitsgruppe plus einen Synthesebericht. Letzterer fasst wissenschaftliche, technische und sozioökonomische Informationen zum Klimawandel zusammen, die besonders für die Politik von Bedeutung sind. Allen Mitgliedern, also den 195 Staaten und Regierungen, wird dieser Bericht vorgelegt. Er wird erläutert und Satz für Satz durchgegangen. Anschließend unterzeichnen ihn alle Mitglieder. Das heißt, diese Berichte sind nicht eine weitere wissenschaftliche Studie von 30 -60 Wissenschaftler:innen. Sondern werden getragen von 195 Regierungen. Das gibt dem ganzen natürlich auch Gewicht. Und man möchte auch meinen Handlungswillen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Das gute zum Schluss
Nun macht der erste Teil des sechsten Sachstandberichtes ja nicht grad Hoffnung. Die bisher bestehende Prognose eines Anstiegs um 1,5 Grad seit dem vorindustriellen Zeitalter etwa um 2040 herum wurde nun korrigiert. Nach unten. Bereits 2030 werden wir, bei einem weiter so dieses „Ziel“ erreichen. Als Folge hat dies eine Zunahme von Stürmen, Überschwemmungen aber auch Hitzwellen in viel kürzeren Intervallen.
Eigentlich ist es logisch, dass der Bereicht keine Hoffnung macht. Er bestätigt die vor acht Jahren bereits gemachten Erkenntnisse und Ergebnisse einfach nur und schafft weitere Sicherheit. Einerseits konnten die Methoden verbessert werden, andererseits liegen heute – „dank“ ungebremster Erderwärmung – viel mehr Daten vor. Dennoch binhaltet der Bericht auch etwas gutes. Die Botschaft lautet: Wir können noch etwas ändern.
So ist jetzt klar: Wenn wir aufhören, fossile Brennstoffe zu verbrennen und keine Emmissionen in die Atmosphäre bringen, wird die Erwärmung tatsächlich aufhören zu steigen. Natürlich ist der erste Teil rein physikalisch gedacht. Welche Maßnahmen getroffen werden könnten wird der dritte Teil des Sachstandsberichts enthalten. Eine konkrete Anleitung liefert der Bericht allerdings nicht. Er berechnet lediglich auf wissenschaftlichen Grundlagen verschiedene Faktoren, Szenarien und Möglichkeiten. Handeln müssen die Mitglieder dann selbst.
Warum die sich aber so schwer tun, ja wir alle uns wider besseren Wissens einfach nicht zu ernsthaftem Klimaschutz aufraffen können, der Frage gehe ich in den kommenden Tagen nach.