Kommunalpolitik. Der Weg zum Erfolg – mit konkretem Beispiel.
Kommunalpolitik. Mit Engagement vor Ort der Klimakrise begegnen.
Ich gebe zu, dieser Text hat nur minimal mit Kommunalpolitik zu tun. Denn es geht um die große Frage: Warum tritt man eigentlich einer Partei bei? Dazu gehört dann das ganze Anhängsel von „gleiche Werte, gleiche Meinung“, „politisches Zuhause“ und „Schnittmenge“. Dieses Jahr ist Wahlkampf und nicht nur irgendeiner, er wird hochgestuft zu einem Entscheidungswahlkampf für die Zukunft. Was an sich nicht ganz falsch ist, aber eben auch nicht ganz unproblematisch. Denn die Erwartungen liegen hoch, die Enttäuschungen werden riesig sein. Einfach, weil Politik in Demokratien nicht nach dem „Ich bin jetzt dran, ich bestimme jetzt und weiß, was gut für euch ist“ Prinzip funktioniet (oder funktionieren sollte).
Was der Vorlauf zum Wahlkampf (der hat ja noch gar nicht begonnen) aber gezeigt hat: Menschen treten plötzlich in Parteien ein. So verzeichneten die Grünen einen Anstieg an Mitgliedern, aber auch die CSU erfuhr starken Zulauf in dem Zeitraum als die Kanzlerkandidatur von Söder im Raum stand. Übrigens über Bayerns Grenzen hinaus. Gleichzeitig sind viele Menschen politisch interessiert, aber nicht in einer Partei. Wie hoch der Anteil Parteimitglieder in der Bevölkerung ist, ist leider gar nicht so einfach zu berechnen. Denn je nach Partei kann man mit unterschiedlichem Alter eintreten. Auch können zum Beispiel in der CDU Menschen ohne deutschen Pass kein Mitglied werden, in den anderen Parteien schon. Damit wird die Berechnung sehr komplex.
Parteimitglieder in Deutschland. Der Verusch eine Zahl zu generieren.
Anhand der Mitgliederzahlen von 2019 und 2018 (Quellen: Oskar Niedermayer: Parteimitglieder in Deutschland: Version 2020. Arbeitshefte aus dem Otto-Stammer-Zentrum, Nr. 31; Berlin: Freie Universität Berlin 2020 und BPD: Parteien in Deutschland) und der BPB Bevölkerungstabelle (bei denen ich aber nur die Ü20 berechnet habe) habe ich mein Glück versucht und eine nicht wirklich standfeste Berechnung angestellt, die aber eine Richtschnur sein kann. Alle im Parlament vertretenden Parteien hatten 2019 insgesamt 1.221.865 Mitglieder. Die kleinen Parteien ohne Sitz hatten 2018 insgesamt 57.790 Mitglieder. Macht 1.279.655 Mitglieder. Von ca. 83 Mio. Menschen in Deutschland sind 81,6% über 20. Das macht die ungefähre Summe von 1,8% Parteimitgliedern in der Bevölkerung. Wie gesagt, das ganze ist überhaupt nicht wasserdicht. Denn es fehlen die 14-20 Jährigen und der Anteil der Ü20 Jährigen, die gar nicht Mitglied sein können obwohl sie alt genug wären.
Dennoch zeigt die Zahl eines: Es sind nur ein minimaler Bruchteil der Menschen in Deutschland Parteimitglieder. Und ich höre um mich herum regelmäßig Menschen sagen: „Ich kann nicht beitreten, weil die Partei nicht alle meine Werte wiederspiegelt.“ Ich verstehe die Aussage, behaupte aber, dass ich noch nie irgendwo dabei war, wo andere extakt die gleicen Werte und Ziele hatten, wie ich. Es schwingt irgendiwe ein bisschen Angst mit, was ist, wenn man Teil von etwas wird, mit dem man nicht 100% übereinstimmt. Wie halte ich das aus? Wie rechtfertige ich meine Entscheidung, obwohl doch XYZ grad passiert? Gleichzeitig wollen wir aber doch irgendwie mitmischen. Oder? Wollen Veränderung und neue Ideen. Erwarten Lösungen. Für mich heißt das, in eine Partei eintreten. Nicht, weil ich alle ihre Werte teile, sondern weil ich auf Basis der größtmöglichen Werteschnittmenge Veränderungen innerhalb der Partei aber auch in der Politik voranbringen kann.
Kritik von Innen – ist das möglich?
Ja das ist möglich. Ich finde sogar: nötig. Ob es immer gewollt ist, ist natürlich eine andere Frage. Aber für mich sind vor allem diejenigen in der Politik spannend, die nicht immer nur mit ihrer Parteilinie nicken. Die sich mit guten Argumenten auch mal auf eine andere Position stellen. Wenn die Alteingesessenen herausgefordert werden, und zwar nicht von einer gegnerischen Partei, sondern von Innen. Da fällt aussitzen und wegnicken nämlich viel schwerer. Ich finde die Idee, sich eine Partei mit dem größtmöglichen gemeinsamen Nenner zu suchen und dort dan zu agieren wirklich toll. Man weiß sich schon in einem gewissen politischen Zuhause und kann kritische Fragen stellen und mit anderen an Veränderungen diskutieren.
Es ist völlig legitim, in einer Partei zu sein und Entscheidungen nicht gut zu heißen. Sich sehr beheimatet zu fühlen auf lokaler Ebene und mit Entscheidungen im Bund nicht recht einverstanden zu sein. Es ist normal, dass man Entscheidungen anderer Landesverbände nicht ok findet oder massiv Probleme mit einzelenen Personen hat. Eine Partei ist keine homogene Gruppe. Eigentlich ist sie nur ein Haufen sich auf grundlegende gemeinsame Werte berufender, politisch aktiver Menschen. Und da knirscht es eben öfter. Es ist schade, dass interne Konflikte nach außen immer als schädigend dargestellt werden. Klar, wer sich nur mit Grabenkämpfen beschäftigt, hat keine Energie für politische Entscheidungen. Aber öffentliche Meinungsdifferenzen sollte und muss jede Partei aushalten können. Weil die damit die Chance hat, sich weiter zu entwickeln. Wenn immer nur alle nicken, bleibt man stecken.
Gemeinsam mit der Partei und anderen Parteien etwas erreichen
Gleichzeitig hilft natürlich die Mitgliedschaft, einen Halt und Gleichgesinnte zu finden. Mit ihnen kann man gemeinsam neue Ideen voranzubringen. Das gelingt in einem Netzwerk einfach viel besser als alleine von außen. Denn natürlich kann ich auch parteifrei sein und politisch aktiv. Es ist nur ungleich schwerer. Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Eine Parteimitgliedschaft gibt Rückhalt, schließt aber eine Zusammenarbeit mit Mitgliedern andere Parteien nicht aus. Viele Jahrzehnte schien es so, dass man grundsätzlich gegen die anderen zu sein hat. Am besten stimmt man noch im Block ab, damit ja klar ist, wer wo steht.
Ich glaube, es gibt inzwischen eine neue Generation an Politiker:innen, die über ihre Parteigrenzen hinaus denken. Jedenfalls sieht es nicht mehr so lagerlastig aus in der Politik. In der Kommunalpolitik ist das aufgrund einer fehlenden Opposition eh nochmal leichter. Es ist doch großartig, wenn jemand eine gute Idee hat, warum muss man dagegen sein, nur weil es von einer anderen Partei kommt? Wenn es nicht mehr um Profilierung sondern um den Willen zur Veränderung geht, dann kann Politik so viel bewirken.
Kleiner Stoßdämpfer am Ende
Natürlich ist das Bild von Politik jetzt auch ein bisschen pathetisch gemalt. Veränderung passiert nicht, weil ich das will. Es ist immer ein zähes Ringen und Werben, ein Vernetzen und am Ende auch ein vielleicht zähneknirschender Kompromiss als erster Schritt in die gewünschte Richtung. Das kann man jetzt gut finden oder nicht. Aber bei 709 Vertreter:innen aus sechs Fraktionen plus Fraktionslose im Bundestag ist klar, dass am Ende nicht eine Meinung steht, sondern ein Kompromiss. Und hier passieren leider noch sehr oft eine Entscheidung aus Prinzip gegen die anderen.
Auf kommunaler Ebene, in den kleinen Räten findet man das auch noch, ich glaube aber, dass dies langsam weniger wird. Vor allem dort, wo neue Räte und Rätinnen einziehen. Wenn alte Gewohnheiten aufgebrochen werden und man sich miteinander verständigt. Aber auch hier stößt man an Grenzen. Innerhalb der eigenen Partei/Fraktion aber auch übergreifend. Weil eben nicht allen Mitgliedern das gleiche wichtig ist, weil jede Partei doch auf einer etwas anderen Basis steht. Wie heißt es so schön: Politik ist ein Marathon und kein Sprint.
Es braucht weder Mut noch 100% Übereinstimmung
Um Mitglied zu werden, braucht es weder Mut noch 100% Übereinstimmung. Alles, was es braucht, ist ein Antrag. Wir müssen uns einfach mal befreien von dem Anspruch, nur dort mit zu machen, wo es 100% zu unseren Überzeugungen passt. So lange unsere wichtigsten Grundwerte passen, lohnt sich die Überlegung, mitzumischen. Und von Innen heraus Veränderung anzustreben. Dabei kann man treu und ehrlich zu sich selbst und zu anderen bleiben und sagen, wenn etwas nicht passt. Man kann als Mitglied genau so über Entscheidungen schimpfen oder Zweifel an ihnen haben, wie als Nichtmitglied. Ja, man kann als Mitglied auch genau so wenig aktiv tun wie als Nichtmitglied. Dann ist man zahlendes stilles Mitglied, und das ist per se auch nicht schlecht.