Nachhaltigkeit im Alltag mit Familie und Partner*in ist kein Strandspaziergang und kann trotzdem gelingen
Was bedeutet eigentlich Fairtrade?
Papier gehört zu den Dingen, die wir tagtäglich nutzen. 247 kg pro Person und Jahr, so schreibt das Umweltbundesamt. Und oftmals sehen wir das auch nicht problematisch, immerhin kann man Papier hervorragend recyclen. Die Rücklaufquote liegt ungefähr bei 75%. Es gibt schließlich schlimmeren Müll, Plastik zum Beispiel. Da ist doch Papier super! Nicht umsonst findet man immer wieder Papiertüten im Obst- und Gemüseregal, die die schädlichen Plastikbeutel ersetzen sollen. Und ist nicht sowieso das meiste Papier schon recycelt?
Papier ist nicht gleich Papier
Oft denken wir bei Papier an Druckerpapier und, sofern wir Kinder haben, an Schulhefte. Vielleicht noch an Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Doch auch Toilettenpapier, Taschentücher, Küchenrolle und Backpapier bestehen aus Papier. Ebenso Kartonagen aus dem Onlineshop oder in Form von Umverpackung wie Nudelkarton oder Pizzakarton. Aus Papier sind auch Brot- und Gemüsetüten, Kassenbons, Kaffeefilter, Banknoten, Landkarten und Zigarettenpapier.
Unser Papier besteht zu 95% aus Holzfasern, entweder aus Frischholz (Primärfasern) oder Altpapier (Sekundärfasern). Der Anteil von Altpapier in der Papierindustrie 2017 betrug 75%. Zeitungen und Karons bestehen inzwischen fast zu 100% aus Altfasern. Bei Hygieneartikeln ist der Anteil allerdings rückläufig.
Doch neben den Fasern besteht Papier abr auch aus Füllstoffen, Leimen, Farbstoffen und Nassfestmitteln (zB für Küchenrolle, Landkarten oder Kartons). Im Recyclingprozess verschwinden Stoffe wie BPA (aus Kassenzetteln), Phtalate aus Klebstoffen oder erdölbasierte Druckfarben nicht einfach. Diese Verunreinigungen aus Druckfarben, Kleb- und Papierhilfsstoffen sind für den Einsatz von recycletem Karton bei Lebensmitteln daher problematisch. Also doch lieber Primärfasern?
Das Problem Frischholzfaser
Wenn auch manche Dinge, wie Zeitungen oder Kartons aus fast 100% Recyclingpapier bestehen, gibt es immer noch genug Papiere aus einer Mischung von Alt- und Frischfasernoder aber reinen Frischfasern. Frischfaser bedeutet immer frisches Holz. Weil wir unseren Bedarf nicht mit eigenem Holz decken können, importieren wir ca 80% der Primärfasern, vorzugsweise aus Skandinavien. Die widerum importieren Holz aus russischen Urwäldern und verkaufen sie weiter. Ebenso importieren wir aus kanadischen (Ur)Wäldern und fast 1/4 unseres Zellstoffs kommt aus Brasilien, geringere Mengen aus Chile, Uruguay und Indonesien. Allesamt Länder, in denen Urwaldabholzung ein großes Problem ist. Auch Baumplantagen auf ehemaligem oder extra gerodetem Urwaldgebiet sind die Folgen unseres Konsums. Das Umweltbundesamt sagt daher: „Unsere hohe Zellstoffnachfrage trägt maßgeblich zur weltweiten Waldzerstörung bei.“ Und weiter: „Der Verbrauch muss in den westlichen Ländern nahezu halbiert werden, nur so kann eine nachhaltige Papierversorgung gewährleistet werden.“
Die Grenzen beim Recycling
Recyclingpapier hat eine bessere Umweltbilanz, weil es ca. 60% weniger Energie und 70% weniger Wasser verbraucht als Frischholzprodukte. Leider lässt sich Papier nicht endlos recyceln. Etwa sechs mal kann dieser Prozess durchlaufen werden. Denn bei jedem mal werden die Fasern kürzer, so dass immer wieder Frischfasern hinzugefügt werden müssen. Dennoch ist es der beste Weg, aus Primärfasern Sekundärfasern zu machen und diese so oft es geht zu verwenden. Dadurch werden weniger Bäume gerodet und Enerigie und Wasser gespart. Baumfällungen gänzlich unterbinden durch Altpapier funktioniert aber nicht. Denn jede Sekundärfaser war einmal eine Primärfaser. Rodungen lassen sich nur minimieren, durch Einsparungen beim Papierverbrauch.
Recyclingpapier und umweltfreundliches Papier
Trotz der Grenzen von Recycling und den Problemen von Primärfasern aus Frischholz gibt es Wege einen nachhaltigeren Umgang mit Papier zu betreiben. Denn nicht alles lässt sich durch Verzicht regeln. Wenn es also „gutes“ Papier sein soll, worauf achten?
Ein Garant für umweltfreundliches Papier ist der Blaue Engel. Dieses Siegel ist vom Staat initiiert und wird von einer unabhängigen Jury vergeben. Es gewährleistet, dass ein Produkt umweltfreundlicher ist als andere Produkte der gleichen Art. Papierprodukte mit dem Blauen Engel bestehen aus 100% Altpapier und es dürfen keine schädlichen Chemikalien oder optischen Aufheller verwendet werden.
Viele greifen zu Produkten mit FSC-Siegel, wenn sie schon Frischholzware kaufen. Schließlich ist das Forest Stewardship Council seit den 90ern das einzige Siegel, dass eine nachhaltige Forstwirtschaft voranbringen will. Doch wird es nicht unkritisch gesehen. Immer wieder kommt es zu illegalen Abholzungen. Greenpeace beendete sogar 2018 seine Mitgliedschaft beim FSC. Auch vom PEFC-Label rät Greenpeace wegen schwacher Standards ab.
Einfache Bezeichnungen wie „chlorfrei“ oder „holzfrei“ sind irreführend. Chlorfrei sind heutzutage nämlich alle Papiere aus Deutschland. Und auch die Bezeichnung „holzfrei“ täuscht. Gemeint ist hier nämlich nur „frei von Holzstoff“, was nichts anderes bedeutet, als dass das Papier weniger schnell vergilbt. Beide Aussagen sollen beim Konsumenten ein gutes Gefühl hinterlassen, sagen aber eigentlich gar nichts relevantes aus.
Wie geht es nachhaltiger?
Eigentlich ist schon klar was jetzt kommt: Nachhaltig ist zuerst der Verzicht. Wir müssen schlicht und einfach unseren Papierverbraucht massiv zurückfahren. Nur so können wir gewährleisten, dass nicht noch mehr Wälder für unseren Bedarf gerodet und Unmengen an Energie und Wasser verbraucht werden.
Wo wir Papier einsparen können:
- Beim Drucken sofern es geht doppelseitig und überhaupt möglichst wenig ausdrucken
- Einmalverpackung vermeiden. Papiertüten sollten nicht die Plastiktüte beim Einkauf ersetzen. Papiertüten mehrmals verwenden.
- Zeitschriften und unliebsame Werbung durch „Keine Werbung, auch keine kostenlosen Zeitungen“ Aufkleber vermeiden
- Kataloge abbestellen, die kann man auch online anschauen
- Toilettenpapier durch eine Popodusche ersetzen
- Stofftaschentücher und Stofflappen statt Taschentücher und Küchenkrepp aus Papier verwenden
- Tageszeitungen digital lesen
- Papier weiter verwenden als Schmier- oder Einkaufszettel oder zum basteln
Worauf wir beim Kauf achten können:
Komplett verzichten wird aber nicht funktionieren. Deswegen ist der zweite Schritt die Nutzung von Recyclingpapier. Der Blaue Engel ist deutschlandweit ein gutes Siegel um Papierprodukte auszuwählen.
- Recyclingpapier mit dem Blauen Engel ist längst nicht mehr rau und hässlich. Man bekommt viele Artikel mit diesem Siegel: Toilettenpapier, Druckerpapier, Taschentücher, Schulhefte
- Unbeschichtetes Papier vorziehen, das macht das Recycling einfacher. Vor allem Geschenkpapier und Backpapier ist meist beschichtet und außerdem oft kein Recyclingpapier.
- An Büchern sparen wird vielen weh tun. Zum Glück gibt es aber Wege, wenig Ressourcen zu verbrauchen und trotzdem gute Bücher zu lesen: Wie wäre es mit einer Mitgliedskarte in einer Bibliothek, das kostet nichts und oftmals kann man über sie auch Fernleihen betreiben, also Bücher aus anderen Büchereien ausleihen. Oder das Wunschbuch gebraucht kaufen. Kostet weniger und die Ressource Holz wurde für das entsprechende Buch ja schon verbraucht. Nebenbei kann man übrigens beim Buchneukauf auch auf Umweltschutz achten, beispielsweise indem man „nackte Bücher“, also ohne Umverpackung und solche aus Recyclingpapier kauft. Oder aber man nutzt einen Ebook-Reader.
Am Ende richtig Entsorgen
Wenn es dann mal vorbei ist mit der Nutzung, muss Papier richtig entsorgt werden. Doch Papier ist eben nicht Papier und kann auch während der Nutzung seinen Recyclingstatus verlieren.
- Kasenbons gehören in den Restmüll, denn sie enthalten oft noch BPA. Ab 2020 soll dies endgültig Geschichte sein. Gerät so ein Kassenbon ins Altpapier, verseucht es die ganze Fuhre.
- Auch andere Thermopapiere wie Backpapier oder Fahrkarten sind ein Fall für den Restmüll.
- Pizzakartons, TK Kartons u.ä. gehören ebenfalls in den Restmüll, denn sie sind oft mit Essensresten verschmutzt.
- Sichtfenster oder Hüllen aus Kunststoff sollten entfernt und entsprechend entsorgt werden.
- Ebenfalls in den Restmüll gehören alle Hygieneartikel wie Küchenkrepp, Taschentücher oder Servietten
Papier ist also nicht ganz unproblematisch und auch wenn es uns derzeit sympatischer ist als Kunststoff so ist es dennoch in der Herstellung aufwändig und die Ressource Holz zu wertvoll um sie im großen Stil zu verheizen. Wo wir können müssen wir Papier einsparen. Gleichzeitig sollten das genutzte Papier und Papierprodukte aus Recyclingpapier bestehen. Damit verlängern wir den Kreislauf der Primärfasern und verringern den Abbau von Firschholz.
Was sind eure Tips zum Einparen von Papier?
2 Comments
Hallo Janine, weißt Du was nachhaltiger ist? Gedruckte Bücher oder Ebook Reader? Meine Buchhändlerin meinte es gibt eine Studie die gedruckte Bücher als Sieger herauskristallisiert. Konnte diese Studie aber bisher nicht finden.
Lieben Gruß, Katrin
Hallo Katrin
Ich habe jetzt mal die Suchmaschine bemüht und da fand ich einen schlüssigen Artikel vom BR zu einer Studie des Freiburger Ökoinstituts von 2011. Der besagt, dass es so einfach nicht ist.
1. Bücher produzieren kostet Papier/Ressourcen. Die wenigsten sind bereits auf Recyclingpapier gedruckt. Hinzu kommen Fertigungsemissionen, und Transport. Es wird ja selten in Deutschland gedruckt. Das Institut rechnet mit 1,1kg (Frischfaser) oder 900gramm (Recyclingpapier) CO2 Verbrauch je Herstellung pro Buch.
2. Die Herstellung von Ebook Readern ist natürlich – wie bei jedem elektronischen Artikel – aufwändig und kostet wertvolle Ressourcen und Energie. Außerdem wird er ebenfalls nicht in Deutschland produziert. Hier wurden 8kg CO2 für die Herstellung berechnet. Aber: Erstmal in Betrieb, sind Ebook-Reader sparsam und aufgrund ihrer Speicherkapazität natürlich eine riesige Bibliothek.
Fazit: Wer einen Ebook-Reader lange benutzt (> 3 Jahre), wer ihn mit Ökostrom aufläd und viel liest (> 10 Bücher/Jahr), der fährt mit einem Ebook-Reader besser. Noch besser ist aber das Ausleihen von Büchern in Bibliotheken.
Quelle: Ebook-Reader vs gedrucktes Buch
Vielleicht hilft dir das weiter?
LG Janine