Auf dem Altmühlradweg (3). 95km von Eichstätt nach Kelheim.
Öfter auf das eigene Auto verzichten. 5 Ansätze die ein Anfang sein können.
Rothenburg ob der Tauber belegte 2019 beim Instagramranking Platz 3 der schönsten Kleinstädte Deutschlands und seine Altstadt wurde 2021 von der Deutschen Zentrale für Tourismus gleich zur schönsten Altstadt, bzw. zum fünftschönsten Ort Deutschlands gekührt. Das verwundert ja nun auch nicht. Immerhin ist die mittelalterliche Altstadt weitgehend erhalten (trotz Einnahme durch Tillys Truppen im Dreißigjährigem Krieg) und lockt Touristen mit altem Fachwerk, einer Stadtmauer und dem wunderschönen Blick ins Taubertal.
Daher zieht es jährlich auch hunderttausende (2018 – vorpandemische Zeiten also – waren es ganze 564 146 Übernachtungen) Menschen in die Stadt. Ganz vorne dabei: Menschen aus Japan und den USA. Wobei letztere auch aus den nahegelegenen US-Militärstandorten kommen. Wenn etwas so beliebt ist und so touristisch, ja man möchte es sagen, überladen – kann das dann eigentlich ein schöner Ort für einen Besuch sein? Ich erinnere mich immer wieder an das österreichische Örtchen Hallstatt, dass in Touristen fast erstickt. Overtourism ist ein ein Problem unserer vernetzen Social Media Welt. Ist das etwa in Rothenburg ob der Tauber auch schon so?
Rothenburg ist touristisch und doch authentisch
Nein, so schlimm ist es nicht. Natürlich sind im Sommer, zur Ferienzeit und überhaupt viele Touristen in Rothenburg unterwegs. Aber weder kann man ihnen nicht entkommen noch haben die Rothenburger den fatalen Sprung zum Kitsch komplett vollzogen. Will sagen: Man sieht tatsächlich sehr viel authentisches und schönes. Auch wenn – und das ist ja irgendwie lustig – viele Geschäfte in Rothenburg Weihnachten zu ihrem Geschäft gemacht haben. Allen voran das bekannteste: Käthe Wohlfahrts Weihnachtsdorf. Man erkennt es sofort am roten Auto vor der Tür. Mich hat das bei 30 Grad nicht gelockt, ebensowenig wie das Weihnachtsmuseum. Das Konzept kenne ich ja schon aus Husum und irgendwie reicht ein Museum dann doch aus.
Und während sich viele Touristen in diesen Geschäften oder am Marktplatz tummeln findet man doch immer wieder ruhige Plätze. Vor allem der Burggarten (der ohne Burg auskommen muss) wird anscheinend von Touristen gerne ausgelassen. Verstehe ich nicht. Denn hier lässt sich so herrlich flanieren und im Schatten sitzen, über die Mauer ins Taubertal blicken und durchatmen.
Sich Zeit nehmen für Rothenburg lohnt sich
Und dieses Durchatmen ist wirklich wichtig. Einfach nur schnell in die Stadt, durchmarschieren und weiter – das taugt nicht. Da hat man schnell keinen Bock mehr und die Leute gehen einen auf den Geist. Weshalb zum Beispiel mein Mann bis heuer eine negative Erinnerung an seinen Besuch in Rothenburg ob der Tauber hatte. Daher rate ich von einem Tagestrip a la „drei Stunden Anfahrt, ein paar Stunden dort bleiben, drei Stunden Rückfahrt“ ab. Das ist Stress pur und außerdem verpasst man doch so einiges. Neben einer Stunde im Park lohnt sich nämlich vor allem die Nachtwächterführung.
Was impliziert: Man sollte über Nacht bleiben. Das ist eh gut für die Bewohner*innen, spühlt Geld in die Kassen und der Ort ist leerer gen Abend und am frühen Morgen. Aber zurück zum Nachtwächter. Dieser trägt den Namen Hans-Georg Baumgartner, hält seine Führung sommers täglich und ist ein Unikat. Ein großartiges. In einer Stunde bekommt man Stadtgeschichte so erzählt, dass man es sich wirklich vorstellen kann. Mit Anekdoten, Witz und einer Einzigartigkeit, die ich noch nie erlebt habe.
Und wenn man also über Nacht bleibt – gastfreundlich sind die Bewohner*innen nämlich sehr – ist genug Zeit für all die schönen Fotomotive, die Rothenburg ob der Tauber zu bieten hat und die uns auf Social Media immer wieder begegenen. Das Figurenbeet im Burggarten, die Stadtmauer, Kirchen und Gassen, Fachwerkhäuser und ganz besonders das Plönlein, Rothenburgs Wahrzeichen. Wer Zeit hat, kann nämlich in Ruhe auf weniger Menschenansammlungen und besseres Licht zu warten. Fotos um 12 Uhr bei 30 Grad, das ist halt einfach nix richtiges. Und kommt man mal nicht bei schönem Wetter an oder besucht Rothenburg gar im Winter (laut meinem Gastgeber ist jede Jahreszeit hier schön!) ist auch noch Zeit für einen Museumsbesuch. Zum Beispiel im Kriminalmuseum, Folterwerkzeuge inklusive. Oder aber im Historiengewölbe, um mehr über den 30 jährigen Krieg zu lernen. Oder aber, man geht auf Wanderschaft im Taubertal. Egal, ob kurz oder lang. Und einen abendlichen Wein kann man sich dann auch noch gönnen.
Ein paar Empfehlungen an euch
Wir haben die Stadt zu Beginn unserer Radtour auf dem Altmühlradweg besucht und es nicht bereut. Mein Mann konnte sein negatives Bild revidieren und ich war überglücklich, an der Nachtwächterführung teilzunehmen. Denn oft genug bin ich nicht zur richtigen Zeit in einer Stadt um eine Führung mitzumachen. Und wenn ich euch drei Empfehlungen mitgeben darf, dann diese:
Übernachten. Wir haben im Hotel Schwarzer Adler übernachtet. Dieses Hotel ist urig und nicht modern. Dafür aber mit bequemen Betten ausgestattet und trotz seiner zentralen Lage ruhig gelegen. Die Gastgeber*innen sind herzlich und das beste: Man bekommt ein tolles veganes Frühstück.
Kaffe und Kuchen. Den besten Kaffe und Kuchen (auch vegan!) gibt es im Café Einzigartig. Aber vorsicht, man kommt in Versuchung etwas von den vielen schönen Dingen zu kaufen, die dort ausgestellt sind. Frühstücken kann man dort auch, das haben wir allerdings nicht getestet. Müsst ihr selber tun.
Nachtwächterfühung. Ich wiederhole mich. Macht die. Ernsthaft. Treffpunkt am Marktplatz. Mitlaufen, zuhören, hinterher bezahlen und es nicht bereuen.
2 Comments
Danke für den schönen Reisebericht. Es sieht zauberhaft aus.
Ich vermisse dich und deine Reels sehr bei Instagram. Hoffe du kommst bald zurück ♡
Wünsche dir und deiner Familie einen schönen Sommer.
Liebe Grüße aus dem Ruhrpott, Daniela
Liebe Daniela,
das klingt vielleicht komisch, aber es tut gut zu lesen, dass man vermisst wird. Ich glaube schon, dass ich noch mal zurück komme zu Insta, muss aber noch mehr über das wie nachdenken. Dafür habe ich ja den Sommer. 🙂
Ganz liebe Grüße in den Ruhrpott aus Bayern.
Janine